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Marktberichte |
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Moderne und zeitgenössische Kunst bei Bassenge in Berlin  Mustermix

| Auf dieses Bild war Conrad Felixmüller sichtlich stolz. Noch im Jahr seiner Entstehung 1926 zeigte er es auf einer Ausstellung in Wiesbaden, ein Jahr später in Darmstadt, Essen und Braunschweig und 1929 in Berlin und Chemnitz. Es ist ihm auch nicht zu verdenken. Zu sehen ist auf der hochformatigen Leinwand der 1918 zur Welt gekommene Sohn des Künstlers, Luca, in der Wohnung der Familie. Mit den Augen des naturgemäß größeren Vaters schaut der Betrachter von oben auf den im Profil stehenden Jungen hinab, so dass eine große Partie des Zimmerbodens sichtbar wird. Und darin liegt der Clou des Bildes: Vor der glatten Fläche des zickzackförmigen Parketts zeichnet sich plastisch der rotblaue Strickpullover des Kindes ab, den der Maler mit dicken Pinselstrichen unter Einsatz von viel Farbe aufgetragen hat. So ist das Gemälde Zeugnis einer familiären Idylle ebenso wie künstlerisch-technischer Brillanz. Auf der Versteigerung moderner und zeitgenössischer Kunst bei Bassenge in Berlin ist es das Hauptlos: 80.000 Euro hat das Auktionshaus für die aus einer norddeutschen Privatsammlung eingelieferte Leinwand veranschlagt.
Werke expressionistischer Künstler aus Deutschland bilden am 26. November einen gewissen Schwerpunkt in der oberen Preisliga der Auktion. So liegt von Max Beckmann mit dem 1917 datierten, markanten „Selbstbildnis mit Griffel“ für 40.000 Euro eines seiner ebenso zahlreichen wie begehrten Autoportraits bereit. 45.000 Euro soll seine zehnteilige Mappe „Jahrmarkt“ aus dem Jahr 1921 kosten. Auf Papier bleiben wir vorerst auch mit George Grosz, der neben zahlreichen Akten ebenfalls 1921 eine Gesellschaft überwiegend älterer Herrschaften zum „Germanentag“ beim Picknick versammelte (Taxe 30.000 EUR), Emil Noldes seltener Kaltnadelradierung „Kniendes Mädchen“ aus dem Jahr 1907 (Taxe 28.000 EUR) oder seinem frühen Blatt „Unterhaltung“ einer vierköpfigen Gesellschaft am Strand für 3.000 Euro. Zu Karl Schmidt-Rottluffs 1911 geschaffenem Holzschnitt „Landschaft im Mondschein“ (Taxe 10.000 EUR) liefert Bassenge für 20.000 Euro auch gleich den originalen Druckstock mit. Die Skulptur der Zwischenkriegszeit vertreten Georg Kolbes bronzene „Sitzende“ von 1928 mit abgespreizten Beinen (Taxe 50.000 EUR) und zwei kleine Tierplastiken Renée Sintenis’ für 6.000 und 8.000 Euro. Immerhin 16.000 Euro sind für ihren „Laufenden Elefant“ von 1954 veranschlagt.
Surreale Qualitäten offenbart Hannah Höch in ihrem 1927 entstandenen Aquarell „Den Haag, Küche, Petroleumkocher“. Die stilllebenhafte, in gedeckten Farben gehaltene Komposition vereint mehrere häusliche Alltagsgegenstände, allerdings in so verwirrender Anordnung, dass man sie kaum zu unterscheiden vermag (Taxe 25.000 EUR). In surrealistischen Bahnen bewegen sich zudem Marc Eemans mit seiner gespritzten Meereslandschaft, auf der er 1928 ein Foto mit einer Gesellschaftsszene in Blattform collagiert hat (Taxe 4.500 EUR), Curt Echtermeyer mit seiner um 1925 gemalten nächtlichen „Mondgöttin“ (Taxe 6.000 EUR) oder in jüngerer Zeit der 1942 in Italien geborene, heute in Berlin lebende Adelchi-Riccardo Mantovani. 1978 gestaltete er in feiner Lasurtechnik einen Blumenstrauß in unwirklicher Beleuchtung vor einer dunklen Landschaft und stellte ihm einem Löwen in Miniaturformat zur Seite, der eben eine blutende Rosenblüte erlegt hat. Für Mantovanis „Bedrohung“ sind 1.500 Euro angesetzt.
Ins Genre- und Portraitfach wagte sich während der 1920er Jahre wieder Georg Tappert. Seine „Sitzende im Café“ ist namentlich nicht genannt. Die korpulente Dame, die sich vielleicht einer außerdem am Tisch sitzenden, jedoch jedenfalls außerhalb des Bildes befindlichen Person zuwendet, bildet aber den Mittelpunkt des farblich eher tristen Bildes (Taxe 30.000 EUR). Unverkennbar das Werk eines deutschen Expressionisten ist Max Burchartz’ sozialkritisches Aquarell „Menschen in der Stadt“ von 1919, das der Präsenz ähnlicher Arbeiten George Grosz’ kaum nachsteht (Taxe 5.000 EUR). Recht übereinstimmend geht Otto Gleichmann in seinen Aquarellen der 1920er Jahre vor, so in seiner „Begegnung III“ für 3.000 Euro oder im „Café“ für 2.400 Euro. Eindrückliche Menschendarstellungen gelingen zudem Elfriede Lohse-Wächtler in dem mit Pastellkreiden entwickelten Kopf eines Zigeuners, mit dem sie ab Ende der 1920er Jahre eine intensive Liebesbeziehung verband, Maxim Kantor mit dem groß ins Bild gesetzten traurigen „Jew“ von 1989 (Taxe 1.200 EUR) oder Heike Ruschmeyer mit ihrem verstörenden Triptychon „Die Schlafenden 12-14“, in dem sie 1997 ein Kind fast leblos und blutunterlaufen schildert (Taxe 1.200 EUR).
Internationales Flair bekommt die Auktion in der Nachkriegszeit mit einem in Bleistift gezeichneten Stillleben Fernando Boteros. Auf ihm sind mehrere Früchte, Gefäße und hängende Orangen zu sehen, sanft und samten mit dem Stift hingehaucht, aber in den Umrissen so drall wie die Damenportraits des Kolumbianers (Taxe 40.000 EUR). In Südamerika bleibt es mit dem brasilianischen Modernisten Antônio Gonçalves Gomide und seiner wild bewegten „Danza“ mehrerer dunkelhäutiger Menschen von 1955 (Taxe 3.500 EUR). Mit kubistischen Anklängen wiederholte Stuart Davis 1945 auf seiner Farbserigrafie „Hot Still-Scape for Six Colors – 7th Avenue Style“ den vibrierenden Mustermix seines Hauptwerks aus dem Museum of Fine Arts in Boston (Taxe 12.000 EUR). Als Vertreter der Appropriation Art ironisiert Richard Pettibone die Großformate der Pop Art, indem er sie auf Postkartengröße verkleinert, so etwa 1963/70 „Roy Lichtenstein – Woman with flowered hat“ (Taxe 9.000 EUR).
Auch in der zweiten Reihe findet sich gelegentlich Ansprechendes zu moderaten Preisen. Von dem 1889 in Straßburg geborenen Lucien Adrion etwa gibt es die spätimpressionistische Landschaft „Sommerlicher Strandtag“. Sie entstand 1920, dem Jahr seiner Übersiedlung von Berlin nach Paris (Taxe 10.000 EUR). Auch Paul Paeschkes sommerliches Bootsvergnügen am „Wannsee“ lässt sich hier einordnen (Taxe 4.500 EUR), ebenso Georg Sauters aus zarten Pastelltönen auftauchende Silhouette von Venedig aus dem Jahr 1924 (Taxe 2.800 EUR). Philipp Kleins sitzender weiblicher Akt bei der Morgentoilette erinnert in der lockeren Pinselführung dann an Max Slevogt (Taxe 7.500 EUR), und als Zeichner tritt diesmal Max Liebermann mit den dicht gedrängten Menschen auf dem Straßenhandel im Judenviertel von Amsterdam aus dem Jahr 1907 an (Taxe 10.000 EUR).
Unter dem Einfluss der Expressionisten malte Martel Schwichtenberg in den 1920er Jahren das „Stillleben mit japanischer Puppe“ im modischen Kurzhaarschnitt (Taxe 7.500 EUR). Für die politische Agitation stehen zwei Linolschnitte Franz Wilhelm Seiwerts, in denen er in verknappter konstruktiver Formensprache „Alle Macht den Räten“ und „Die Arbeitslosen“ beschwört (Taxe je 5.000 EUR). Altmeisterlich Präzision kennzeichnet Eberhard Viegeners neusachliche Ackerlandschaft „Soester Börde im Sommer“ unter hohem Himmel von 1942 (Taxe 2.800 EUR). Gegen den abstrakten Strom der frühen Nachkriegszeit in Deutschland schwamm Dietmar Lemcke, Schüler von Karl Schmidt-Rottluff und Karl Hofer in Berlin, 1956 mit seiner gegenständlichen, von französischer Kunst beeinflussten Stadtlandschaft „Luxembourg-Garten“ (Taxe 3.000 EUR).
Wer sich in die ungegenständliche Moderne vorwagen möchte, sei an den 1932 geborenen Carlo Alfano verwiesen, dessen Werke sich mitunter wie musikalische Partituren lesen. So auch die Collage „Promessa di un metodo“ aus dem Jahr 1976, in der unter anderem Tonbandstreifen verarbeitet sind (Taxe 12.000 EUR). Von Yves Klein liegen die drei bekannten Grafiken „Monochrome und Feuer“, erschienen 1961 als Katalog zur seiner Ausstellung in Haus Lange in Krefeld, für 18.000 Euro vor. Der im vergangenen Jahr verstorbene Bernard Aubertin hatte während der 1960er Jahre eine Werkphase, in der er fast ausschließlich Nagelbilder schuf und sich dabei auf die Farbe Rot konzentrierte. Zu den spätesten dieser Arbeiten gehört ein 1970 datierter „Tableau clous“ auf dreißig Zentimetern im Quadrat (Taxe 10.000 EUR). Bei Robert Michels „Wrack-Collage: 88, njet 66“ von 1962 wird es technoid und mechanisch (Taxe 3.500 EUR), bei Jan Voss’ Gemäldecollage „Obstacles“ von 1990 mit dominierendem Olivgrün verspielt und unruhig (Taxe 8.000 EUR). Fotorealistisch geht es in Stefan Hoenerlohs schwarzweißem „Portrait de Romana de la Salle“ aus dem Jahr 2004 zu. Die bedrückende, menschenleere Hinterhofszene ist allerdings fiktiv (Taxe 8.000 EUR).
Die Auktion beginnt am 26. November um 16 Uhr. Die Besichtigung läuft bis zum 24. November täglich von 10 bis 18 Uhr, am 25. November von 10 bis 16 Uhr in der Rankestraße 24, 10789 Berlin. Der Internetkatalog listet die Objekte unter www.bassenge.com. |  | Kontakt: Galerie Bassenge Erdener Straße 5a DE-14193 Berlin |
 | Telefon:+49 (030) 893 80 290 | Telefax:+49 (030) 891 80 25 |  |  | E-Mail: info@bassenge.com |  | Startseite: www.bassenge.com |
21.11.2016 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Johannes Sander |  |
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 |  | Weitere Inhalte: Gesamt Treffer 11 | Seiten: 1 • 2
 Adressen (1) • Im Verkauf - Events (1) • Im Verkauf - Kunstwerke (9) |  | •  | Bei: Galerie Bassenge
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26.11.2016, 108. Auktion: Moderne Kunst Teil I und II |  | •  | Kunstwerk:  Max Beckmann, Selbstbildnis mit Griffel, 1917 |  |  | •  | Kunstwerk:  Georg Tappert, \"Café\" (Sitzende im Café) |  | •  | Kunstwerk:  Georg Kolbe, Sitzende 1928 |  | •  | Kunstwerk:  Yves Klein, Monochrome und Feuer |  |  | •  | Kunstwerk:  George Grosz, Germanentag, 1921 |  | •  | Kunstwerk:  Fernando Botero, Stilleben mit hängenden Orangen,
1973 |  | •  | Kunstwerk:  Lucien Adrion, Sommerlicher Strandtag |  |  |
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 Carlo Alfano,
Promessa di un
metodo, 1976 |  | Taxe: 12.000,- Losnummer: 8004 |  |  |  |  |  | 
 Lucien Adrion,
Sommerlicher
Strandtag |  | Taxe: 10.000,- Losnummer: 8000 |  |  |  |  |  | 
 Georg Kolbe,
Sitzende 1928 |  | Taxe: 50.000,- Losnummer: 8143 |  |  |  |  |  | 
 Georg Tappert,
'Café' (Sitzende
im Café) |  | Taxe: 30.000,- Losnummer: 8290 |  |  |  |  |  | 
 Max Beckmann,
Selbstbildnis mit
Griffel, 1917 |  | Taxe: 40.000,- Losnummer: 8019 |  |  |  |  |  | 
 Fernando Botero,
Stilleben mit
hängenden Orangen,
1973 |  | Taxe: 40.000,- Losnummer: 8031 |  |  |  |  |  | 
 Yves Klein,
Monochrome und Feuer |  | Taxe: 18.000,- Losnummer: 8140 |  |  |  |  |  | 
 George Grosz,
Germanentag, 1921 |  | Taxe: 30.000,- Losnummer: 8083 |  |  |  |  |  | 
 Max Beckmann,
Jahrmarkt, 1921 |  | Taxe: 45.000,- Losnummer: 8020 |  |  |
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