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Marktberichte |
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Vorschau: Fotografie bei Grisebach  Die Faszination der Natur

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 |  | Karl Blossfeldt, Salvia argentia, Silber-Salbei, 1920/25 | |
Den Auftakt zu den sechs Auktionen der Villa Grisebach in Berlin macht am kommenden Donnerstag Nachmittag die Fotografie. Der Katalog listet in der gewohnten Qualität 376 Positionen angefangen bei Aufnahmen aus dem ausgehenden 19. Jahrhundert über die Klassiker des 20. Jahrhunderts bis zu der jungen Generation mit Urs Lüthi, Nan Goldin, Thomas Ruff, Andreas Gursky, Jock Sturges oder Hiroshi Sugimoto. Die Preise bewegen sich auf üblichem hohen Niveau. Kaum ein Abzug bleibt unter der 1.000 Mark-Grenze zurück.
In der Fotografie des 19. Jahrhunderts finden sich Arbeiten von Franz Hanfstaengl mit dem Salzpapierabzug von „Augusta, Prinzessin von Bayern“, ein Vintage vor 1860, für 2.500 bis 3.000 Mark, sein „Album der Zeitgenossen“ mit bekannten Künstlern, Wissenschaftlern und Adeligen als Faksimile von 1975 (Taxe 2.000 bis 3.000 DM) oder historische Berliner Gebäude von Robert Prager (Taxe je vier Lichtdrucke 800 bis 1.200 DM), Strassenszenen aus der Spreemetropole von Waldemar Titzenthaler (Taxe je 1.400 bis 1.600 DM) und die modern anmutende Sprengung des historistischen Hochwasserreservoirs der Westend Wasserwerke am 14. Oktober 1892 von Max Ziesler (Taxe 500 bis 700 DM).
Wer sich außerdem noch für verlorengegangene Berliner Bauten interessiert, wird in den 1919 entstanden Vintages des Fotostudios Zander & Labisch fündig, die das Grosse Schauspielhaus mit seinen maurischen und Art Deco-Elementen von Hans Poelzig zeigen (Taxe 6.000 bis 8.000 DM). Das frühe 20. Jahrhundert hält darüber hinaus Eugène Atgets Häuserzeile mit gotischer Kirche (Taxe 1.800 bis 2.2000 DM) und einen fliegenden Händler (Taxe 5.000 bis 7.000 DM) in Paris, Hugo Erfurths Portrait des Dresdner Malers Sascha Schneider (Taxe 3.800 bis 4.200 DM) und Moritz Nährs Vintage seines Kollegen Gustav Klimt bereit. Vor zwei Jahren kam ebenfalls in der Herbstauktion bei Grisebach eine Aufnahme Nährs von Gustav Klimt zum Aufruf. Das kompositorisch anspruchsvollere Porträt mit Katze stieg damals von seiner unteren Taxe von 5.000 Mark auf einen Rekordzuschlag von 72.000 Mark. Diesmal ist die Halbprofilansicht mit 7.000 bis 9.000 Mark schon etwas höher angesetzt, lässt aber nach oben sicherlich noch Spielraum zu.
Auch die Höhepunkte des Tages entstanden in den ersten zwei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Die Pflanzenbilder von Karl Blossfeldt gehören zu den Ikonen der Fotografiegeschichte. Sie zeichnen sich durch Strenge und klaren Aufbau aus. Die kleinsten Einzelheiten der Pflanzen werden mit bis zu 45facher Vergrößerung in skulpturale Monumentalität überführt. In der Verbindung von wissenschaftlicher Objektivität, ungewohnter Anschauung und klassischer Ästhetik liegt der besondere Reiz dieser Arbeiten. So sind die Preise für die seltenen drei Fotografien auch nicht moderat bemessen: die kleinste Arbeit, die Aufnahme von „Sempervivum tectorum robustum“ - dem Dachlauch - von 1915, ist schon mit 8.000 bis 12.000 Mark bewertet und die beiden 29,8 x 23,8 cm messenden „Cotula turbinata, Laugenblume“ und „Salvia argentia, Silbersalbei“ vom Beginn der 20er Jahre kommen je auf den Spitzenpreis von 70.000 bis 90.000 Mark.
Nur wenig günstiger gibt es eine weitere Ikone, diesmal der Portraitfotografie. Es ist der scheu aus einem hochgestellten Kragen blickende Picasso mit Hut auf dem Kopf, den Irving Penn 1957 in Cannes in zwei ein wenig abweichenden Fassungen ablichtete. Der Silbergelatineabzug entstand vor 1965 in einer 30er Auflage und soll einem Käufer immerhin 60.000 bis 80.000 Mark wert sein. Dies wäre das bisher teuerste Picasso-Portrait aus Penns Session von 1957. Der bisher höchste Zuschlag wurde mit umgerechnet 34.000 Mark bei Christie’s in New York im April 1998 für einen Abzug aus einer 47er Auflage von 1977 aufgestellt.
Für viele Fotografen waren Künstlerkollegen beliebte Motive. So finden sich im Katalog
Angelika Platens Portraits von Joseph Beuys oder Blinky Palermo (Taxe je 1.200 bis 1.500 DM),
Herb Ritts’ „Madonna, New York City“ von 1986 (Taxe 3.000 bis 4.000 DM),
Erhard Wehrmanns „Gerhard Richter mit dem Bild Mutter und Tochter (B.)“ oder „Roy Lichtenstein“ (Taxe je 1.000 bis 1.200 DM),
Freddy Tornbergs „François Truffaut in the Danish Film School, Kopenhagen” (Taxe 1.000 bis 1.200 DM),
Jean Noël Schramms „Panamarenko, Anvers“ (Taxe 1.000 bis 1.200 DM),
mehrere Portraits Gerhard Richters von Stefan Moses (Taxen zwischen 1.400 und 2.800 für zwei Vintages),
Herbert Lists „Giorgio de Chirico, Roma“ von 1951 (Taxe 3.000 bis 3.500 DM),
Robert Lebecks Abbildungen von Maria Callas, Eartha Kitt, Georg Baselitz, Romy Schneider oder Yehudi Menuhin (Taxe je 1.000 bis 1.200 DM),
Benjamin Katz’ „Gerhard Richter“ (Taxe 1.000 bis 1.200 DM) und „A.R. Penck“ (Taxe 1.200 bis 1.600 DM),
Peter Keetmans „Carl Orff“ von 1947 (Taxe 3.000 bis 4.000 DM),
Philippe Halsmans „Walter Gropius“ aus den 60er Jahren (Taxe 2.000 bis 2.500 DM) oder
Gisèle Freunds in den 50er Jahren entstandenen Bildnisse von Frida Kahlo (Taxe zwischen 2.200 bis 3.000 DM) und ihre vier Generationen der Familie von James Joyce, festgehalten 1938 in Paris, für 1.800 bis 2.200 Mark.
Hans Bellmer nahm seine Puppenfigur mit surrealistischen Anklängen 1936 auf (Taxe 4.000 bis 6.000 DM). Gotthard Graubner, der sich hauptsächlich als Maler mit der Struktur von Farbe auseinander setzt, ist mit einer Folge von zehn Bildern mit tanzenden Frauen vertreten (Taxe 12.000 bis 15.000 DM). Heinrich Heidersberger fotografierte auf ungewöhnliche Art einige Paar Schuhe von unten (Taxe 2.400 bis 2.600 DM). Seine Aufnahme „Ditta, Kleid aus Licht“, in er ein rautenförmiges Schattenmuster auf den Rücken einer Frau wirft, ist dagegen bekannt (Taxe 2.400 bis 2.600 DM). Zwei Schönheiten drapiert Horst P. Horst kunstvoll in „Carmen, face massage, New York 1946“ und „Lisa with turban, New York 1940“ (Taxe je 8.000 bis 10.000 DM). Neben dem Carl Orff-Portrait ist Peter Keetman noch mit vier weiteren Arbeiten vertreten, darunter den gar nicht so sachlichen Abzug einer Puppe (Taxe je 4.500 bis 5.500 DM).
Auch von Herbert List hält der Katalog über die Chirico-Aufnahme hinaus noch vier andere Fotografien bereit. Seine Liebe zum Mittelmeer kommt in „Taverne am Meer, Alt Phaleron“ zum Ausdruck (Taxe je 2.800 bis 3.200 DM). Nordisch kühl geht es dagegen in seiner Sicht des Berliner Flughafens Tempelhof vom Beginn der 50er Jahre zu (Taxe je 5.000 bis 7.000 DM). Architekturfotografie findet sich in den sachlich strengen Abbildungen Werner Mantz’. Seine „Fabrik Engelbert, Aachen“, das Kaufhaus „Tietz, Mayen“ und das „Einfamilienhaus Dr. Grobel in Elberfeld“ sind auf je 8.000 bis 12.000 Mark geschätzt. Innenarchitektur gibt es in den beiden Aufnahmen der Wohnung von Le Corbusier, die für die Werkbundausstellung 1927 in Stuttgart vom Studio Dr. Lossen & Co. gefertigt wurden (Taxe je 4.500 bis 5.500 DM) oder in Ernst Scheels Küchen- und Restaurantinterieurs (Taxe je 5.000 bis 6.000 DM).
Unter den klassischen deutschen Namen lässt sich noch Albert Renger-Patzsch mit sechs Fotografien vorwiegend Naturschilderungen finden. Die teuerste Arbeit aber ist eine Industriefotografie der Konverterbühnen des Walzwerks in Peine von 1927/28 (Taxe 8.000 bis 12.000 DM). Leni Riefenstahl ist mit zwei Bildern von der Olympiade 1936 vertreten (Taxe je 4.000 bis 5.000 DM). Neben ihr war auf der Sportveranstaltung in Berlin auch das Fotografenteam Paul Wolff und Alfred Tritschler zugegen. Ihre 89 Vintages von den Spielen werden für 30.000 bis 35.000 Mark angeboten. Neben der Malerei beschäftigte sich Wols auch mit Fotografie. Seine Parisaufnahme aus den 30er Jahren zeigt eine surreal anmutende aufsteigende Treppe (Taxe 5.000 bis 7.000 DM).
Internationale, renommierte Künstler trifft man in Berenice Abbott, Ansel Adams, Sarah Moon oder Weegee. Aus der Serie „Cape Cod“ von Harry Callahan kommen drei Strandbilder zum Aufruf (Taxen zwischen 5.000 bis 7.000 DM). Das Foto einer Maske „Transmutations No. VII: Visage minéral“ von Brassai soll 10.000 bis 12.000 Mark einspielen. Richard Avedon betätigte sich als Modefotograf – die extravagante Aufnahme zeigt ein Schuhmodell von Perugia vor dem Eifelturm in Paris (Taxe 18.000 bis 22.000 DM) –, fand aber auch Gefallen am Glamour der High Society: Die Aufnahme im Maxim’s mit Audrey Hepburn im Mittelpunkt entstand 1959 (Taxe 10.000 bis 12.000 DM).
Wer zarte Weiblichkeit von Top-Modells anziehend findet, mag vielleicht von der rauh männlichen Inszenierung von Peter Lindbergh abgestossen werden. Für Vogue läßt Lindbergh Cindy Crawford, Tatjana Patitz, Helena Christensen, Linda Evangelista, Claudia Schiffer, Naomi Campbell, Karen Mulder und Stephanie Seymour in Lederkluft steigen und stellte sie in eine heruntergekommene Strasse in Brooklyn (Taxe 8.000 bis 10.000 DM). Rodtschenkos später Abzug einer sowjetischen Parade soll 5.000 bis 7.000 Mark kosten und Jeanloup Sieffs erotische Aktfotos zwischen 4.000 und 6.000 Mark.
Die zeitgenössische Arbeiten führen Andreas Gurskys farbiges Atrium „Singapore II“ (Taxe 8.000 bis 12.000 DM) und Hiroshi Sugimotos verschwommene „Signal Box, Basel, Herzog & De Meuron“ aus der Serie „Architecture“ an (Taxe 8.000 bis 12.000 DM). Knapp darunter liegen Gurskys Autobahnbrücke „Duisburg II“ (Taxe 8.000 bis 10.000 DM) und Nan Goldins ungeschminkte Aufnahmen ihrer Freunde (Taxe 7.000 bis 9.000 DM). Urs Lüthis ironisches Selbstportrait auf einem fliegenden Teppich wird auf 6.000 bis 8.000 Mark taxiert und Thomas Struths Folge „Eine Projektion für Münster“ auf 22.000 bis 26.000 Mark. Die sechs Silbergelatineabzüge geben die Projektion von Häusern auf Häuserfassaden in Münster von 1987 wieder.
Die Arbeiten können vom 25. bis 28. November in Berlin vorbesichtigt werden. Öffnungszeiten sind am Sonntag und Montag von 10 bis 18:30 Uhr, am Dienstag von 10 bis 20 Uhr und am Mittwoch von 10 bis 17 Uhr. Der Katalog ist auch im Internet unter wwww.villa-grisebach.de abrufbar. Die Auktion beginnt am 29. November um 14 Uhr. |  | Kontakt: Grisebach Fasanenstraße 25 DE-10719 Berlin |
 | Telefon:+49 (030) 885 91 50 | Telefax:+49 (030) 882 41 45 |  |  | E-Mail: auktionen@grisebach.com |  | Startseite: www.grisebach.com |
23.11.2001 |
Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Ulrich Raphael Firsching |  |
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 |  | Weitere Inhalte: Gesamt Treffer 12 | Seiten: 1 • 2
 Events (1) • Adressen (1) • Kunstwerke (10) |  | •  | Veranstaltung vom: 29.11.2001, Kunst
der Gegenwart |  | •  | Bei: Grisebach
|  | •  | Kunstwerk:  Zander & Labisch, Berlin: Großes
Schauspielhaus, Architekt: Hans Poelzig, 1919 |  |  | •  | Kunstwerk:  Albert Renger-Patzsch, Konverterbühnen, Walzwerk, Peine,
1927/28 |  | •  | Kunstwerk:  Irving Penn, Picasso, Cannes, France, 1957 |  | •  | Kunstwerk:  Werner Mantz,
Einfamilienhaus Dr. Grobel in Elberfeld, Architekt: H. H. Lüttgen, Köln, 1926 |  |  | •  | Kunstwerk:  Urs Lüthi, Selfportrait, 1976 |  | •  | Kunstwerk: 
Heinrich Heidersberger, Transporter-Prospekt, VW-Werk, ca.1952 |  | •  | Kunstwerk:  Gisèle Freund, Coyoacán, 1952 |  |  |
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 Albert
Renger-Patzsch,
Konverterbühnen,
Walzwerk, Peine,
1927/28 |  | Taxe: 8.000 - 12.000 EUR Losnummer: 1254 |  |  |  |  |  | 
 Urs Lüthi,
Selfportrait, 1976 |  | Taxe: 6.000 - 8.000 EUR Losnummer: 1210 |  |  |  |  |  | 
 Max Ziesler, Westend
Wasserwerke,
Hochreservoir nach
seiner Spernung am
14. Oktober 1892 |  | Taxe: 500 - 700 EUR Losnummer: 1373 |  |  |  |  |  | 
 Gisèle Freund,
Coyoacán, 1952 |  | Taxe: 2.200 - 2.400 EUR Losnummer: 1087 |  |  |  |  |  | 
 Heinrich
Heidersberger,
Transporter-Prospekt,
VW-Werk, ca.1952 |  | Taxe: 2.400 - 2.600 EUR Losnummer: 1117 |  |  |  |  |  | 
 Zander & Labisch,
Berlin: Großes
Schauspielhaus,
Architekt: Hans
Poelzig, 1919 |  | Taxe: 6.000 - 8.000 EUR Losnummer: 1371 |  |  |  |  |  | 
 Richard Avedon,
Shoe, designed by
Perugia, Place du
Trocadéro, Paris,
1948 |  | Taxe: 18.000 - 22.000 EUR Losnummer: 1005 |  |  |  |  |  | 
 Irving Penn,
Picasso, Cannes,
France, 1957 |  | Taxe: 60.000 - 80.000 EUR Losnummer: 1248 |  |  |  |  |  | 
 Werner Mantz,
Einfamilienhaus Dr.
Grobel in Elberfeld,
Architekt: H. H.
Lüttgen, Köln, 1926 |  | Taxe: 8.000 - 12.000 EUR Zuschlag: 26.000,- EUR Losnummer: 1219 |  |  |
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