Ingrid von Kruses Architektengrößen in Frankfurt Oscar Niemeyer, mittlerweile 104 Jahre alt, erscheint in Großaufnahme auf einem Foto hinter einem Modell der Kathedrale von Brasilia fast schon wie ein Geist. Ruhig, konzentriert auf Details, leger im Pulli zeigt sich der 13 Jahre jüngere Gottfried Böhm. Handfest gestikulierend gibt sich Peter Eisenman. In weißem Hemd mit Krawatte stellt sich Richard Meier vor als jemand, der weiß, was er will, ebenso Ieoh Ming Pei, der zudem noch herzlich lacht. Britisch cool und flott inszeniert sich Norman Foster, eher nachdenklich David Chipperfield, mit Helm Tadao Ando, mit Pokerfache Dominique Perrault, als talentierter innovativer Mann von Welt Santiago Calatrava. Österreichische Biederkeit schlägt bei Hans Hollein durch.
Die Hamburger Fotografin Ingrid von Kruse, die von 1954 bis 1958 zunächst Grafik und Design an der Hamburger Hochschule der Bildenden Künste studierte, anschließend als Textildesignerin arbeitete und sich seit 1984 ganz der Fotografie widmet, hat all diese Bilder von bedeutenden Baumeistern der Gegenwart geschaffen und stellt nun eine Auswahl im Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt vor. In Schwarzweißfotografien treten hier dem Besucher ihre Sichtweisen auf 32 Architekten gegenüber, die international Bemerkenswertes geschaffen haben. In einer stillen Herangehensweise bei natürlichem Licht oszillieren Kruses Portraits zwischen dem speziellen Augenblick und unaffektierter Charakteristik. Begleitende Kurztexte über deren persönlichen Architekturauffassungen sowie Skizzen und Modelle aus dem Archiv des Frankfurter Museums vermitteln jeweils ein differenziertes Bild der Persönlichkeit.
Dann tritt Richard Rogers offen hemdsärmelig auf, während Daniel Libeskind immer eine Hand am Kinn hält. Als sehr unkompliziert erscheinen Renzo Piano und Álvaro Siza. Mario Botta ist beim Brainstorming. Zaha Hadid hinterlässt den Eindruck einer temperamentvollen Diva. In nachdenklichen Posen lässt sich Albert Speer ablichten, unterdessen strahlt Meinhard von Gerkan strenge Eitelkeit aus. Der jungen Dynamik eines Bjarke Ingels steht das Belehrende eines Frank O. Gehry gegenüber. Sehr extravagant: Der ganz in schwarz gekleidete Peter Zumthor, unnahbar im Halbdunkel mit unerreichbarem Blick.
Die Ausstellung „Große Architekten. Fotografiert von Ingrid von Kruse“ ist bis zum 15. Januar 2012 zu sehen. Das Deutsche Architekturmuseum hat täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, mittwochs bis 20 Uhr, sonntags bis 19 Uhr. Der Eintritt beträgt 7 Euro, ermäßig 3,50 Euro. Der Katalog kostet 68 Euro.
Deutsches Architekturmuseum
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