Davide Gallo lebt in Berlin. Davide Gallo kommt eigentlich aus Mailand und spricht kein Wort Deutsch. Selbst nicht nach drei Jahren Berlin. Davide Gallo ist Galerist. Sein Ladenlokal liegt in der Linienstraße. Sehr angesagt. Trotz der tollen Lage ist die Raummiete gering. Einer von vielen Gründen, warum Davide Gallo nach Berlin kam. Davide Gallo ist ein radikaler Verfechter von Kunstverkäufen via Internet. Sein letztes großes Geschäft, so erzählt er, lief sogar via SMS mit einem Kunden aus Russland, der das Kunstwerk nur im Internet sah und dann alle weiteren Verhandlungen per SMS führte. Bis hin zur Überweisung des Kaufpreises über eine Bank in Shanghai. So sieht für ihn die Zukunft im Kunstgeschäft aus. Trotzdem nahm er nun schon zum dritten Mal an der Arte Fiera in Bologna teil und das mit durchwachsenem Erfolg. Aber Italien ist nun mal seine Heimat, und Massimiliano Nazzi ist italienischer Künstler mit der Vorliebe zum Alttagsschrott, den er zu witzigen Installationen verbaut.
Wie Davide Gallo denken die wenigsten auf dieser Messe. Viele freuen sich auf die Verkaufsschau mit internationalem Ruf, auch wenn das „international“ in der Zukunft wahrscheinlich in Anführungszeichen gesetzt werden muss. Wo sind sie geblieben, die großen Namen, vor allem aus der deutschen Galerienszene, wie Hans Mayer aus Düsseldorf, Karsten Greve oder Heinz Holtmann aus Köln? Oder gar Michael Schultz aus Berlin? Gesichtet wurden sie alle während der Eröffnung! Vielleicht kommen sie ebenso wieder wie Rüdiger Voss aus Düsseldorf, der nach zweijähriger Pause eine furiose Messe erlebte. Masaharu Satos bewegte Videoarbeiten für 3.500 Euro pro Stück bei einer Dreierauflage waren hier ebenso gefragt wie Claudia Rogges großformatige Fotoarbeiten. Der absolute Renner jedoch war Harding Meyer. Seine großartigen Portraits in Öl wurden für Preise bis zu 8.800 Euro allesamt verkauft.
Ebenso zufrieden wie glücklich über erstaunliche neue Kontakte und hervorragende Verkäufe war Dorothea van der Koelen. Obwohl ihre Hauptgalerie in Mainz sitzt, ist sie mit Zweitsitz Venedig schon eine halbe Italienerin. Entsprechend gemischt ist ihre Klientel. Schon nach zwei Tagen blickte sie stolz auf zwölf verkaufte Werke. Doch wie bei den meisten Galerien spürte man auch bei van der Koelen, dass man nicht nur hochpreisige Ware mitnimmt, wie sie es früher gemacht hätte. Ein großes Werk von Günther Uecker suchte man hier ebenso vergebens wie eines von Daniel Buren.
Beck & Eggeling aus Düsseldorf setzten auf Klassisches: Lyonel Feininger, Hermann Max Pechstein, Mimmo Paladino und die Zero-Künstler Otto Piene und Heinz Mack. Feiningers subtiles Aquarell mit Bleistift und Tinte trägt die Bezeichnung „Iceberg III“ von 1943 und kostete 78.000 Euro. Paladinos Collage aus dem Jahr 2000 gab es schon für 25.000 Euro. In diesem Jahr hatte sich die Arte Fiera um einen Tag verkürzt. Dass der Montag wegfiel, war vielen Messeteilnehmern gar nicht recht. Montags kamen die, die sich auf dem letzten Drücker doch noch für ein Werk entschieden hatten, dann diejenigen, die noch einmal in Ruhe gucken wollten, und die nicht zu vergessen, die ein verlängertes Wochenende in Bologna verbrachten. Dafür dauerte die Messe nun am Sonntag bis 21 Uhr, der Abbau danach war allerdings strikt untersagt. Das sorgte für Stress und Unmut.
Stefan Röpke hat am letzten Sonntag Bologna im Schneechaos verlassen. Auch er ist seit vielen Jahren dabei und mit der Messe zufrieden. Ihm gefällt die Atmosphäre und er registriert, dass die Kunden, die er gewinnen konnte, ihm die Treue halten. Wenn sie einen Künstler gekauft haben, kehren sie wieder, um sich ein weiteres Werk zu sichern. Wie in jedem Jahr war er mit Max Neumann vertreten. Neben Röpke stellten Ronchini aus Terni, Scognamiglio aus Neapel und Vidal-Saint Phalle aus Paris den Künstler aus. Da konnte der Kunstfreund auf der Suche nach dem besten Werk genug Ausschau halten. Michael Sturm aus Stuttgart stillt mit seiner Kunst nicht immer den Kunstgeschmack der Allgemeinheit, doch die skurrilen Skulpturen aus hölzernen Handläufen von Vanessa Henn begeisterten ebenso wie die grafischen Wandarbeiten von Wolfram Ullrich. Seine Arbeiten liegen zwischen 8.000 und 13.000 Euro. Die in Genua beheimatete Galerie Guidi & Schoen setzte auf den Biennaleteilnehmer Giacomo Costa. Vier große Tafeln seiner Fotos von eingeglaster Natur kosteten 25.000 Euro.
Das finanzielle Desaster fand in diesem Jahr in Bologna nicht statt. Die Krise ist vielleicht noch nicht vorbei, doch der Euro rollt wieder. Und ob es eines Tages so kommen wird, wie Davide Gallo es prophezeit, daran mag in Bologna niemand glauben. |