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Wuppertal verdeutlicht die Wirkungsgeschichte des facettenreichen Werkschaffens von James Ensor

Strahlkraft eines eigenbrötlerischen Einzelgängers



Abseits des Geläufigen angesiedelte künstlerische Ausprägungen haben es schwer. Sie fußen auf ihren eigenen, spezifischen Normen und führen zu Lebzeiten ihrer Schöpfer ein nur gering bedachtes Außenseiterdasein. Etappensprünge, Vielseitigkeiten, anstrengende Bilder abseits leichter Kost verbauten auch James Ensor über lange Zeit die öffentliche Reputation. Wie bei vielen Leidensgenossen wurden seine Arbeiten erst spät verstanden und geschätzt; später inspirierten sie nachhaltig folgende Künstlergenerationen. So resümierte der renommierte Direktor des New Yorker Museums of Modern Art, Alfred H. Barr im Jahr 1936, dass der Belgier James Ensor schon um 1888 der fortschrittlichste lebende Maler gewesen sei. Zum Zeitpunkt dieser Beurteilung stand Ensor bereits im 77ten Lebensjahr. Sein ganzes Leben verbrachte der 1860 geborene und 1949 verstorbene in seiner Heimatstadt Oostende, unterbrochen lediglich durch seine Studienzeit an der Académie des Beaux-Arts in Brüssel zwischen 1877 bis 1880 sowie kurzen Reisen nach Holland, Frankreich und England.


Ensor eilt der Ruf des „Maskenmalers“ voraus. Seine Mutter betrieb in Oostende einen Souvenirladen, in dem sie Kuriositäten, Masken, Karnevalsutensilien, Muscheln anbot. Diese skurril anmutende Atmosphäre fand später satt Eingang in sein künstlerisches Werk. Über dem Laden bezog Ensor ein Mansardeatelier, von dem er das Leben auf den Straßen samt Massenaufläufen beobachtete. Erstmals erschienen 1883 Masken, Attribute der Schauspielkunst, groteske Welten, aber erst ab 1900 steigt dann die Anzahl der Maskenbilder auf beinahe fünfzig Prozent. Doch dies war lediglich ein, wenn auch bis heute das bekannteste Sujet in Ensors differenziertem Werkschaffen. Ein Drittel seiner Ölbilder sind Stillleben, ein gleichfalls bevorzugtes Motiv. Der aktuellen Ausstellung im Wuppertaler Von der Heydt-Museum gaben die Kuratoren daher eine andere Ausrichtung als bei den zahlreichen Ensor-Retrospektiven der letzten Jahre. Von den etwas über 200 Ölgemälden, Radierungen, Lithografien, Zeichnungen stammen nur rund 90 von Ensor. Nach Themen geordnet, sollen sie den Einfluss des großen Einzelgängers auf Zeitgenossen wie nachfolgende Künstlergenerationen aufzeigen.

Frühe Bilder aus der zweiten Hälfte der 1870er Jahre leiten in die Schau ein. Es sind kleinformatige, atmosphärisch dichte Schilderungen der Umgebung: Dünenansichten, Landschaftsstudien, Strandszenen, Porträts. Von der zeitgleich populären impressionistischen Malerei unterscheidet sich Ensor durch deutlich dunklere Abtönungen nebst breiteren und weicheren Pinselduktus. Vorbild für die auf Kontrast abgestellte, streckenweise an Rembrandt orientierte Arbeitsweise war auch William Turner sowie die realistisch-pleinairistische Schule von Barbizon. Schnell wird der bewohnte Innenraum, der bürgerliche Salon bevorzugtes Sujet. Schon allein die Titel wie „Die dunkle Dame“ oder „Der bürgerliche Salon“ lassen die Intentionen spüren, hinter den Dingen liegende Ideen zu pointieren. Melancholie, Einsamkeit weisen Vorlieben für Paradoxien den Weg. Gemälde gleichen Kanons etwa von Edvard Munch, Pierre Bonnard oder Otto Dix aus der Wuppertaler Museumssammlung vertiefen diese zeitgemäße Thematisierung.

In jungen Jahren war James Ensor Mitglied in diversen künstlerisch-avantgardistischen Vereinigungen wie der Gruppe „Les XX“ – „Les Vingt“, „Die Zwanzig“. Doch obwohl er einer der wichtigsten Künstler der Gruppe war, stieß er mit seinem Zeichenstil auf Ablehnung. Den aufkommenden Pointillismus lehnte er als zu berechnend ebenso ab wie den ihm zu dekorativen Jugendstil. Eine Gemäldeauswahl von weniger geläufigen Künstlern dieser Gruppierungen, darunter wunderbare pointillistische Landschaften von Alfred William Finch, Anna Boch und weiteren Künstlern, bereichert die Schau, bevor eine Serie von Zeichnungen zu Massenaufmärschen überleitet, den eindrucksvollsten Arbeiten aus Ensors Œuvre. Sie nehmen vorauseilend aktuell um 1900 Tendenzen im Vorfeld des Ersten Weltkriegs wahr, die Otto Dix, George Grosz und andere später ebenfalls künstlerisch verarbeiten.

Breiten Raum nehmen danach die Stillleben ein. Rohe, flächige, strichelnde Farbaufträge erzeugen hier schwindende Verbindlichkeiten; die Emanzipation von Formen und Farben bewirkt eine Abstraktion von dargestellten Gegenständen, was unverkennbar das Fantastische favorisiert. James Ensor reduziert Plastisches, verzerrt Formen, benutzt wechselnde Lichtquellen und führt mit Doppeldeutigkeiten nach 1880 Irrationales herbei. An der Auswahl der nachfolgenden Maskeraden, mit denen Ensor nahezu ausschließlich identifiziert wird, fallen besonders die Verschmelzungen mit Selbst- und Todesdarstellungen ins Auge. Anfangs dient die Maske noch als Metapher des Rückzugs in ein Fantasiereich, dann als Pentand zum bürgerlichen Porträt. Um makabre sowie groteske Elemente bis hin zum Skelett erweitert, wird die Alltäglichkeit des Todes visualisiert, dem zugleich das Furchterregende durch die Darstellung familiär-räumlicher Intimität genommen wird. Über all dem schwebt im Ausstellungssaal von der Decke Marcus Webers angezogenes Styroporskelett „THX JE 9607“, eine Plastik von 2007, die ebenso wie Thomas Kaminskys Holzschnitt „Skelett an der Staffelei“ aus dem selben Jahr Verbindungen zur aktuellen Kunstproduktion schaffen. Werke weiterer Künstler, darunter von Salvador Dalí, Max Ernst oder Paul Klee schlagen Brücken zum Expressionismus, magischen Realismus und Surrealismus.

Die lebhaften Farbtöne faszinieren Ensor ebenso wie die Verletzungen des Publikums, von dem er sich schlecht behandelt fühlt. Seine immer stärkere Tendenz zu Symbolik und Fantastik, seine düsteren, grotesken, aber auch christlich inspirierten Themen stoßen bei Kritikern auf Unverständnis und Ablehnung. Immer wieder tauchen Selbstporträts und Spiegel als Zeichen der Augenwischerei und Umwandlung auf, als Instrument des Täuschens, Schwankens. Damit will Ensor Instabilitäten signalisieren. Die Befragung seiner selbst tritt völlig hinter andere Dinge zurück. Bildnisse beispielsweise von Max Beckmann, Francis Bacon, Christoph Worringer, Jean Dubuffet, Heinrich Hoerle, Erich Heckel oder Léon Spilliaert, die ebenfalls ihr Spiegelbild durch Dinge verstellen, zeigen die Nachfolge Ensors auf.

Von den aus Konflikten mit der Gesellschaft heraus gestalteten Bildern heben sich jene mit Bezug auf das Leben Christi hervor. Denn isoliert und als verkannt betrachtet, nimmt ab 1892 die Identifikation des verletzten Künstlers mit der Gestalt Christi zu, der die Funktion einer Projektionsfigur für das eigene Leiden einnimmt. Schon 1886 entsteht die Zeichnung einer Kreuzigung, auf der das Namensschild INRI durch ENSOR ersetzt wird. Von Schreckgespenstern verdrängt, blickt der gepeinigte Künstler in einer Radierung von 1895 mit ängstlichem Blick auf den Betrachter. Zu erkennen ist eine Tafel mit der Inschrift „J. Ensor 1895“, wobei offen gelassen ist, ob es sich um einen Denkmalssockel oder vorweggenommenen Grabstein handeln soll. Das 1891 entstandene Gemälde „Der Schmerzensmann“ zeigt Ensor verzerrt, verkratzt, zerfurcht, gestalterisch völlig kongruent mit expressionistischen Künsten.

Individualistisch-distanziert zu Gesellschaft und Kunstbetrieb ließ der leidenschaftliche Maler Volkskünstlerisches, Karikatur, Satire, Fotografie mit in sein Werkschaffen einfließen. Die daraus entwickelte grenzüberschreitende Vermischung von Gattungen zeigt die Ausstellung in thematischen Schwerpunktsetzungen. Die vielseitigen Impulse des Antiklassikers mit der Vorliebe für irreale Atmosphären, Paradoxien oder bissige Satiren in Verbindung mit seiner Wandlungsfähigkeit inspirierte Dadaisten oder Vertreter der Neuen Sachlichkeit ebenso wie Künstler von Pierre Alechinsky über Georg Baselitz, Jannis Kounellis, Bernard Schultze bis hin zu Guillaume Bijl. Bis ins 21te Jahrhundert tritt das Interesse an Ensors fantastischen Kreationen in der Kunst zu Tage. Diese Bezüge exemplarisch, aber im Rahmen einer von traditionellen Bildgattungen bestimmten Ordnung aufzuzeigen, muss als essentieller Ertrag der beziehungsreichen Werkzusammenstellung angesehen werden.

Die Ausstellung „James Ensor – Schrecken ohne Ende“ ist noch bis zum 8. Februar 2009 zu besichtigen. Das Von der Heydt-Museum hat täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, donnerstags zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet. An Silvester bleibt das Museum geschlossen, an Neujahr von 14 bis 18 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 8 Euro, ermäßigt 7 Euro. Zur Ausstellung ist ein umfangreicher Katalog erschienen, der an der Museumskasse 25 Euro kostet.

Kontakt:

Von der Heydt-Museum

Turmhof 8

DE-42103 Wuppertal

Telefon:+49 (0202) 56 36 23 1

Telefax:+49 (0202) 56 38 09 1

E-Mail: von-der-heydt-museum@stadt.wuppertal.de

Startseite: www.von-der-heydt-museum.de



31.12.2008

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Peter Schwanke

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