Der Hype verlässt den Kunstmarkt. Unverkennbar bleibt, dass die sinkende Wirtschaftskraft die Qualität in der Kunst deutlich stärker gewichtet. So erklärt sich auch ein Abklingen in der 20ten Auktion bei Andreas Sturies. Die Jubiläumsveranstaltung erbrachte eine Quote von lediglich 56 Prozent, hinter der sich 110 Verkäufe – vier davon unter Vorbehalt – von insgesamt 195 Offerten verbergen. Noch auf der diesjährigen Frühjahresauktion des Hauses lag die Zuschlagsrate bei stolzen 83 Prozent! Dennoch steht Andreas Sturies mit seinem aktuellen Wert besser dar, als viele seiner deutschen Auktionatorenkollegen. Die Sammler scheinen verstärkt auf Probates zu setzen, das zudem nun vermeintlich günstiger zu erstehen ist, im Grunde jedoch auf die angemessene Spanne zurückgeführt wird. Einen Emil Nolde zu besitzen, war wegen der durchgehend exzellenten wie ausdrucksvollen Beschaffenheit schon immer etwas Besonderes. Die angesetzten 40.000 Euro für sein strahlendes, wenn auch erdfarben abgetöntes Topfblumenaquarell aus den Jahren um 1930/35, dessen Reiz neben dem heftigen Komplementärkontrast aus Türkies- und Orangetönen in der findigen Einbeziehung unbearbeiteter Partien liegt, waren gerechtfertigt. Nun kann das Spitzenstück der Auktion ein Liebhaber für 30.000 Euro sein Eigen nennen.
Wie ausgesprochen wählerisch heute der Kunstkäufer agiert, förderten am 8. November in Düsseldorf auch zwei von Nolde geschaffene Radierungen zu Tage. Der „Schmied und Geistlicher“ fand bei 4.000 Euro keinen Käufer, der „Angetrunkene“ polterte bei 3.125 Euro laut los (Taxe 3.000 EUR). Gespalten bei Sammlern wie Fachleuten war schon immer die Klassifikation von Henry Moores Werkschaffen. Die es mehr wertschätzende Kriegs- und Nachkriegsgeneration bricht als Käufer immer mehr weg. So nimmt es auch nicht Wunder, wenn in diesen Zeiten seine aus der Skulpturenserie der „besaiteten Figuren“ stammende Bronze „Stringed Head“ keinen Abnehmer fand (Taxe 30.000 EUR). Einige Stars scheinen grundsätzlich ihre Fans zu mobilisieren. Dazu gehört der omnipräsente Andy Warhol. Von 12.000 Euro auf 18.000 Euro hob sich der Preis für sein weit verbreitetes Goethe-Porträt. Der angebotene, 1982 gefertigte großformatige Siebdruck entstand allerdings außerhalb aller Auflagen in einer völlig unikaten Farbkombination.
Der Pop Art verschrieben hat sich auch der Brite Richard Hamilton, dessen Arbeit ebenfalls Erfolg beschieden war. Sein in hoher Auflage im Jahr 1970 entstandenes Multiple „Guggenheim (B) – White“ ist ein weiß gespritztes Plastikrelief mit den abstrahierten Konturen des gleichnamigen New Yorker Museumsbaus. Es konnte sich mehr als verdoppeln und landete letztendlich bei 10.500 Euro (Taxe 5.000 EUR). Auch Pablo Picasso erfreut sich ungebrochener Gunst. Von 12.000 Euro auf 16.000 Euro steigerte sich der Erlös für seine 1934 geschaffene Radierung „Garçon Pensif Veillant une Dormeuse à la Lumière d’une Chandelle“. Das Blatt 26 der berühmten Serie „Suite Vollard” gilt als eines ihrer Hauptstücke. Die nachfolgende, eine illustre Personenschar zeigende Lithografie „Troupe d’Acteurs“ aus dem Jahre 1954 konnte von 4.000 Euro auf 6.000 Euro emporklettern.
Das Spezialgebiet von Andreas Sturies, erlesene Angebote aus dem heimischen Rheinland, blieb bei alledem nicht außen vor. Der gebürtige Gummersbacher und berühmte Düsseldorfer Akademieprofessor Bruno Goller war mit zwei Werken präsent, die beide wenn auch unter den Erwartungen abgegeben werden konnten. Ein unmittelbar nach dem letzten Krieg geschaffenes, reizvolles, dunkel gehaltenes Stillleben mit gerahmten Schreibutensilien samt einer Schleife ging für 16.000 Euro an einen Interessenten (Taxe 20.000 EUR), während ein etwa gleichzeitig datiertes, mehr abgetöntes, introvertiertes Stillleben mit fünf auf Farbfeldern liegenden Rosen 12.000 Euro einfuhr und damit 3.000 Euro weniger als veranschlagt.
Fast verdreifachen auf 14.000 Euro konnte sich dagegen der Wert des „Maleraffen“ vom unlängst verstorbenen Düsseldorfer Maler Jörg Immendorff, der das in Acryl auf Leinwand festgehaltene Tier mit Pinsel und vor einer Kerze im Jahr 1995 als sein alter Ego konzipierte (Taxe 5.000 EUR). Differenziert betrachtete das Publikum die achteilige Offerte von Gerhard Richter. Lediglich zwei Arbeiten wurde an den Kunden gebracht. Der verschwommene Farboffsettdruck „Schiff“, 1972 editiert vom nordrhein-westfälischen Kultusministerium, erreichte gerade mal die 10.000 Euro-Marke unter Vorbehalt (Taxe 12.000 EUR), Richters Künstlerbuch „128 Fotos aus einem Bild“ aus dem Jahr 1998 kletterte von avisierten 3.000 Euro auf 4.600 Euro. Es besteht aus 128 aus dem vor 30 Jahren vollendeten Gemälde „Halifax“ aufgenommenen Detailfotografien, die mit einer Ölfarbe überarbeitet wurden.
Direkt im Anschluss gelangten zwei Bilder des Impressionisten und späteren Expressionisten Christian Rohlfs erfolgreich zum Aufruf. Ein leuchtkräftiges Blumenstück „Funkienblüten auf Braun“, eine Wassertemperaarbeit von 1935, blieb mit 12.000 eingelösten Euro ebenso klar hinter den Erwartungen zurück (Taxe 15.000 EUR) wie das mit 6.000 Euro bewertete Aquarell „Schale mit Kirschen“ aus den 1920er Jahren, das lediglich 4.800 Euro einfuhr. Arbeiten von Marc Chagall gehören zu denjenigen, die nahezu immer ihre Freunde finden. Fünf der angebotenen acht Lithografien mit für den Künstler charakteristischen Motiven aus Religion und Mythologie gelangten zwischen 2.000 Euro und 12.000 Euro in neue Hände, wobei nur eine Arbeit unter der veranschlagte Summe blieb (Taxen zwischen 2.000 EUR bis 8.000 EUR).
Zu den sehr erfolgreichen Verkäufen der Auktion gehört ein expressives Leim- und Ölbild des großen ostdeutschen Malers und Illustrators Josef Hegenbarth aus dem Jahr 1923. Der künstlerische Mitarbeiter mehrerer populärer Illustrierten um 1900 schuf mit dem „Apfelpflücker“ ein einzigartiges Meisterwerk. Es zeigt einen bärtigen, in der Astgabel eines Apfelbaums eingeklemmten Erntehelfer bei der Arbeit. Die mit den Zweigen verschmelzende gelbbraune Figur in der etwas grotesk anmutenden Haltung hebt sich deutlich vor einem hellen, leicht türkisfarbenen Hintergrund ab. Der avisierte Erlös von 10.000 Euro steigerte sich auf achtbare 14.500 Euro. Adolf Hölzels Pastell einer verpuppten runden Kreisform um 1930 erreichte genau die erwarteten 3.000 Euro.
Eingangs sorgten noch zwei Arbeiten des zwischen Abstraktion und Gegenständlichkeit pendelnden Klassikers Max Ackermann für Furore. Ein abstraktes Ölbild aus dem Jahre 1947 hob von den im Katalog ausgewiesenen 5.000 Euro auf 9.000 Euro an und ein 1938 gemaltes Farbpastell mit verschwommen dargestellten Badenden zog von 1.000 Euro auf 1.500 Euro hoch. Doch die nachfolgend zum Gebot gelangte, sehr seltene Siebdruckfolge von Josef Albers (Taxe 12.000 EUR) blieb ebenso liegen wie zwei Drucke des deutschen Spitzenkünstlers Sigmar Polke (Taxen 1.800 EUR und 5.000 EUR) oder die 1921 zu Papier gebrachte Gouache der bedeutenden russischen Suprematistin Warwara Stepanowa (Taxe 20.000 EUR).
Georg Baselitz war dagegen sehr gefragt. Alle vier angebotenen Werke des Siebzigjährigen wechselten den Besitzer. Der aus seinen Kaltnadelradierungen zusammengesetzte Zyklus „Eine Woche“ erfüllte mit eingelösten 7.500 Euro fast die um 500 Euro höher liegenden Erwartungen. Ähnliches gilt für zwei weitere ebenfalls um 1972 entstandene Radierungen, bei denen der Zuschlag bei 800 Euro erfolgte (Taxen je 1.000 EUR), sowie für die fünf Kaltnadelradierungen umfassende Mappe „Flaschen“ des Jahres 1981. Allerdings blieb sie mit bezahlten 8.500 Euro klar hinter den im Katalog ausgewiesenen 10.000 Euro. Auch Serge Poliakoff behauptet sich meist gut. Zwei von drei abstrakten Farbfeldkompositionen fanden neue Liebhaber, darunter die prachtvolle, durch kräftige Farben ausgezeichnete Lithografie „Komposition in Blau, Grau, Rot und Gelb“ aus dem Jahr 1966. Sie erschien als erstes Blatt der Folge „10 Litographies“ und kletterte von 4.000 Euro auf 6.000 Euro.
Je kleiner die noch zum Verkauf stehende Werksauswahl des jung verstorbenen Franzosen Yves Klein wird, desto mehr wächst der Wert des von ihm kreierten Ausstellungskatalogs „Monochrome und Feuer“, der anlässlich seiner ersten und einzigen Museumsausstellung 1961 im Krefelder Haus Lange erschien. Das unter anderem drei Monochrome beinhaltende Mappenwerk setzte seinen Wert von 2.000 Euro auf immerhin noch günstige 5.500 Euro herauf. Aus Mühlheim stammt der für einen lyrischen Farbkonstruktivismus bekannte Künstler Heinrich Siepmann, von dem eine frühe, gänzlich abstrakte, aus klar aufgebauten Formen zusammengesetzte Komposition in Öl auf Holz des Jahres 1949 unter den Hammer kam. Das aus diversen Farbaufträgen entfachte Spiel räumlicher Wirkungen verfehlte den Schätzwert von 1.000 Euro nur um 50 Euro.
Knapp unter den Erwartungen von 1.800 Euro blieb die Farbradierung „Like a snowball down a mountain“ von Damien Hirst. Die Sichtweise eines herabstürzenden Schneeballs des derzeit stark in der Öffentlichkeit präsenten Briten erzielte letztendlich 1.500 Euro. Auch für Jürgen Palmtags kryptische Bild-Wort-Schöpfungen blieb der Preis meist unter dem Geforderten, lediglich seine Bleistiftzeichnung „Zuerst im Urwald und an der Zahl der Ziegelsteine was verändern, dann: Falsch!“ von 1998 machte sich erst bei 640 Euro davon (Taxe 400 EUR). Die Gesellschaftsentlarvungen des britischen Fotografen Martin Parr, die er 2004 bei der VIP-Party der Art Basel Miami Beach im Wolfsonian Institute schoss, waren dann wieder willkommen. Sie kletterten meist über ihre Taxen von 500 Euro auf bis zu 680 Euro. Auch Arthur Köpcke ließ sich nicht lumpen und marschierte mit seiner Collage „Danish Rebus“ von 1963 bei 3.200 Euro davon (Taxe 3.000 EUR).
In die Serie von Schnäppchen reihte sich ein Werk des bedeutenden Videopioniers Nam June Paik ein. Die signierte Schallplatte enthält Aufnahmen aus dem im Jahr 1979 im Kölnischen Kunstverein zusammen mit dem Künstler Takis (Panayiotis Vassilakis) installierten Klangraum und brachte nur 150 Euro ein (Taxe 200 EUR), während die um 1923 entstandene Radierung „Negerplastik” von Walter Ophey für nur 110 Euro zu haben war (Taxe 150 EUR). Dafür setzte sein Straßenzug aus Hamm in einer Radierung aus den 1910er Jahren zum Siegeszug bei 1.350 Euro an (Taxe 600 EUR). Den absoluten Tiefpunkt bildete ein bei 80 Euro fallender Hammerschlag für ein von Allan Kaprow gestaltetes Plattencover aus dem Jahr 1966, das nach einem Foto von dem an der Cornell University im Jahre 1964 veranstalteten Happening unter dem Motto „Household“ gestaltet wurde (Taxe 100 EUR).
Die Ergebnisse verstehen sich als Zuschlag ohne das Aufgeld. |