Die Kunst, online zu lesen.

Home


Magazin

News


Marktberichte


Ausstellungen


Journal


Portraits


Top Event


Netzkunst





Kunst kaufen
Werben

Translation EnglishFrench

Anzeige

Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé

Ländlicher Garten (mit Bauernhaus) / Arnold Balwé
© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


Anzeige

Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer

Interieur – Asia Porcelain – Asiatisches Porzellan, um 1911/12 / Joseph Oppenheimer
© Kunsthandel Ron & Nora Krausz


Newsmailer Eintrag

Bestellen Sie bitte hier:


Suchen mit Google

Google
WWW
kunstmarkt.com

Ausstellungen

Aktuellzum Archiv:Ausstellung

Kunstmuseum Bonn zeigt Werke russischer Konstruktivisten

Zeugen aus der Frühzeit der Avantgarde



Ineinander verschachtelte Formen und helle Farben konkretisieren sich zu lebhaften, spielerischen Bewegungen. Die Lokomotive gibt sich gerade noch zu erkennen. Der schwarze Kessel auf roten Speichenrädern bewegt sich nach Rechts inmitten einer formalen Unordnung. Er zieht einen grünen Salonwagen, an dessen Abteilfenster eine Person sitzt. Fast mein man, das quietschende Geschnaufe des Zuges zu vernehmen. Das 1914 entstandene Gemälde „Die futuristische Lokomotive“ von Iwan Kljun beeindruckt durch die dank maschineller Errungenschaften untermauerte Dynamik. Erste Theorien des Futurismus sind fünf Jahre zuvor in Italien verfasst worden, erlangen aber rasch weit darüber hinaus an Gewicht. Überall streben die Künstler, ihren Werken mittels technischen Fortschritts neuen Inhalt zu geben. Eisenbahnen verkörpern eine bis dato ungewohnte Mobilität und werden zu den wichtigsten Zeichen des modernen Lebens und somit zum selbstverständlichen Sujet der Futuristen.



Technische und gesellschaftliche Umwälzungen schlagen sich auch in den Künsten nieder, die sich am frühesten und radikalsten im Osten etablierten. Russische Künstler übernehmen die Vorreiterrolle in der Entwicklung einer neuen Bildlichkeit, die sich durch Loslösung der Farbe vom Gegenstand sowie der Wahrnehmung von Farbtönen nach ihren eigenen Bedingungen auszeichnet. Diese Evolution fußt auf sehr unterschiedliche Tendenzen. Neben dem Futurismus üben der französische Kubismus, die Ikonenmalerei sowie die russische naive Bauernmalerei Einfluss aus beim Übergleiten in eine ungegenständliche Kunstform. Künstlerische und kulturpolitische Debatten fachen die Künstler in ihren Schaffensprozessen weiter an. Den Ideen des Futurismus und Konstruktivismus in Europa zu Beginn des 20sten Jahrhunderts widmet das Kunstmuseum Bonn derzeit eine Ausstellung und kann für die 75 Bilder, Skulpturen, Collagen und Aquarelle auf eine deutsche Privatsammlung zurückgreifen.

Ljubow Popowa und Kasimir Malewitsch erweisen sich dabei als die besten Impulsgeber. Malewitsch, 1878 als Sohn polnischer Eltern in Kiew geboren, studiert ab 1896 ebendort, dann ab 1904 in Moskau, wo er sich 1905 an den Barrikadenkämpfen beteiligt. Zuerst naturalistisch orientiert, sieht er 1909 kubistische Werke von Georges Braque. Zeitgleich begegnet die 1889 in Moskau geborene und weit gereiste Ljubow Popowa Gemälden von Georges Braque und Pablo Picasso, nachdem sie zuvor die Ikonenmalerei für sich entdeckte und in Italien vom Futurismus Anregungen empfing. Ihre um 1913 entstandene „Modellstudie kubistischer Akt“ zeigt einen aus Bildelementen konstruierten Körper, dessen vertikale, pastose Bestandteile autonome Raumflächen bilden. Eindeutig kumulieren hier Phänomene der Zeit.

Schon 1914 weist Popowas Malerei collagierte Partien auf. Kubistische Arbeitsweisen verbinden sich mit futuristischen Fragestellungen. Ab Anfang 1916 beginnt Popowa dann ungegenständlich zu malen. In ihrer „Malerischen Tektonik” des Jahres 1918 sind die Phänomene Farbe, Fläche, Licht und Raum miteinander verbunden. Starkfarbige, durch weißen Lichteinfall dynamisierte Flächen verstärken unter Verweigerung allzu illusionärer Dreidimensionalität das facettierte Farbgefüge. Raum-Kraft-Konstruktionen aus dem Jahr 1921 zeigen auf schwarzen Linien ausgeführte Strahlengerüste und signalisieren den Übergang zu noch radikaleren konstruktiven Arbeitsweisen. Doch nach 12 Schaffensjahren stirbt die Künstlerin 1924 in Moskau.

Malewitsch hingegen muss sich seinen Weg in die zeitgenössischen Strömungen der Malerei erst finden. Dafür steigt er umso radikaler ein. 1915 stellt er zum ersten Mal auf der „Futuristischen Ausstellung 0,10“ in Petrograd „suprematistische” Bilder aus, von denen eines in der Bonner Ausstellung zu sehen ist. In ein sensibles Gleichgewicht ausbalancierte Flächenformen versucht, illusionistische Raumerfahrungen zu vermeiden. Flächenlinien, ausgefüllte Rechteckformen, Scheibenformen, ausgebuchtete Bögen, Dreieckformen der Bleistift- oder Tuscheskizzen sind von bestechender Klarheit. Zum berühmten schwarzen Quadrat ist nur noch ein kleiner Schritt. Malewitsch entwickelt 1913 aus dem Kubismus seinen Suprematismus, der auf der absolut reinen, geometrischen Abstraktion basiert. Er soll eine Empfindung erzeugen, die ausgehend von der Malerei ohne jegliche Assoziationen an die Wirklichkeit ist.

Neben den Einblicken, die Malewitsch’ Arbeiten in die visionär - mystischen Dimensionen der frühen gegenstandslosen Kunst eröffnen, erweitern die Konterreliefs von Wladimir Tatlin materiell den Raum. In diesen Reliefs der Jahre 1915 und 1916 finden sich wirkliche Materialien wie Holz, Blech und Zinn. All diese konkreten Figurationen werden übertragen in der Form von Musterungen in Geschirre oder Stoffe, womit der Schritt in die Designwelt, Kinowerbung oder Bühnengestaltung gelingt. Die neuen Farbformen stellen sich in den Dienst einer veränderten Gesellschaft, in dem sie in die Alltagskultur hineinwirken. So wird die Rolle der Kunst im Leben der Menschen hinterfragt. Wassily Kandinsky, Alexander Rodtschenko, Ilja Tschaschnik, El Lissitzky, Alexandra Exter, Iwan Puni oder Nina Kogan schufen nicht nur Gemälde, Zeichnungen und Grafik, sondern betätigen sich auch in den angewandten Künsten.

Neben Typografien und industriellen Werbegrafiken spielt auch das Buch als Medium der konstruktivistischen russischen Avantgarde eine wichtige Rolle. Neben den Bildern werden 58 Originalmanifeste, Künstlerbücher, frühe Ausstellungskataloge und Gedichtbände überwiegend aus der Zeit zwischen 1912 und 1936 präsentiert. Berühmte Künstler treten hier ebenso als Gestalter auf wie heute nur noch Insidern geläufige Künstler, Dichter oder Theoretiker wie Ilja Selwinski oder der im sibirischen Gulag umgekommene Kunsthistoriker Nikolai Punin. Die Bücher zeigen, wie die Künstler seinerzeit die Grenzen zwischen den Gattungen aufhoben. Die Exponate bestechen durch eine Vielfalt an Herstellungs- und Gestaltungsweisen. Das Spektrum reicht von handgefertigten Exemplaren, Klammerheftungen, hand- oder maschinenschriftlich verfassten Aufzeichnungen bis hin zu frühen Exempeln moderner Druckverfahren. Diese bibliophilen Kostbarkeiten dienen dazu, den avantgardistischen Ideen und Medien ohne erheblichen finanziellen Aufwand zu einer schnellen Verbreitung zu verhelfen.

Darüber hinaus verdeutlicht die Ausstellung auch die Strahlkraft des russischen Konstruktivismus nach Ungarn, Deutschland und bis hin nach Amerika. Durch Emigration in der nachrevolutionären Ära vermitteln zahlreiche Künstler ihre Ideen im Westen wie Wassily Kandinsky oder László Moholy-Nagy am Bauhaus oder Antoine Pevsner in Paris. Hinzu treten andere Künstler wie der 1921 nach Berlin ausgewanderte El Lissitzky oder die Ungarn Lajos Kassák und Vilmos Huszár. Ihre konstruktivistischen Ideen finden den Neiderschlag in Kompositionen deutscher Künstler, darunter Otto Freundlich, Carl Buchheister, Erich Buchholz, Walter Dexel oder Rudolf Jahns und lassen den Konstruktivismus als gesamteuropäisches Phänomen erscheinen.

Die Ausstellung „Von Kandinsky bis Tatlin. Konstruktivismus in Europa“ ist noch bis zum 29. Oktober zu besichtigen. Das Kunstmuseum Bonn hat Sonntag, Montag und Donnerstag von 9 bis 19 Uhr, Dienstag und Mittwoch 9 bis 21 Uhr, Freitag und Samstag 9 bis 22 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 3 Euro, ermäßigt 1,50 Euro. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen.

Kontakt:

Kunstmuseum Bonn

Helmut-Kohl-Allee 2

DE-53113 Bonn

Telefax:+49 (0228) 77 62 20

Telefon:+49 (0228) 77 62 60



16.10.2006

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Hans-Peter Schwanke

Drucken

zurück zur Übersicht


Empfehlen Sie den Artikel weiter:
an


Weitere Inhalte:

Veranstaltung vom:


24.08.2006, Von Kandinsky bis Tatlin - Konstruktivismus in Europa

Bei:


Kunstmuseum Bonn

Bericht:


Claudia Emmert leitet Kunstmuseum Bonn

Bericht:


Grafik-Schenkung für das Kunstmuseum Bonn

Bericht:


Bonn restituiert Seehaus-Gemälde










Copyright © '99-'2025
Kunstmarkt Media
Alle Rechte vorbehalten


Impressum





Zum Seitenanfang Magazin

 Amazon export/import Schnittstelle xt:commerce u. oscommerce  Amazon ebay rakuten yatego meinpaket export/import Schnittstelle xt:commerce u. oscommerce