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Großmeister der Renaissance: Gestern jährte sich zum 500. Mal der Todestag von Sandro Botticelli

Ein Maler zwischen Ausbruch und Anpassung



Sandro Botticelli, Weibliches Idealbildnis (Bildnis der Simonetta Vespucci als Nymphe)

Sandro Botticelli, Weibliches Idealbildnis (Bildnis der Simonetta Vespucci als Nymphe)

Geboren wurde Alessandro di Mariano di Vanni Filipepi im Jahr 1444 oder 1445 als Sohn eines Gerbers in Florenz. Das genaue Datum ist unbekannt. Offenbar hielt es niemand für notwendig, diesen Tag schriftlich festzuhalten. Rund 65 Jahre später, am 17. Mai 1510, als er längst unter dem Namen Sandro Botticelli berühmt geworden war, starb der Maler. Sein 500. Todestag ist daher für eine Würdigung seines Werkes das geeignete Datum. Über Botticellis Leben ist relativ wenig bekannt. Es gibt weder Briefe noch Tagebuchaufzeichnungen. Und die Biografie, die Giorgio Vasari, der Biograf vieler Renaissancekünstler, 40 Jahre nach seinem Tod niederschrieb, gilt aus heutiger wissenschaftlicher Sicht als weitgehend kolportagehaft. Man weiß nur, dass Botticelli Zeit seines Lebens unverheiratet blieb und wohl auch keine Nachkommen hinterlassen hat. Gelegentlich wird in der Literatur vermutet, er sei homosexuell gewesen. Bewiesen ist auch das nicht. Was also von ihm bleibt, das sind seine Bilder – und die faszinieren bis heute ein breites Publikum. Rund 367.000 Besucher strömten in die im Februar zu Ende gegangene Botticelli-Ausstellung im Frankfurter Städel Museum. Für das Haus ein neuer Besucherrekord.


Bilder wie das in Frankfurt beheimatete „Idealbildnis einer jungen Frau“ ziehen bis heute die Kunstliebhaber in ihren Bann. Die Haut der Dargestellten ist von vornehmer Blässe, ihr Gesicht makellos geformt, die Lippen wohl proportioniert und von intensiver Röte. Die rotblonden, fein gewellten Haare trägt sie teils offen, teils zu strengen Zöpfen gebändigt. Perlen, zarte Goldreifen, eine Gold gefasste Kamee und ein Kopfschmuck aus Edelstein und Federn kennzeichnen die junge Frau als Tochter aus einer einflussreichen Florentiner Familie.

Bildnis, Mythos und Andacht. Der bereits zu Lebzeiten überaus erfolgreiche Botticelli war eng mit dem Hof des Lorenzo de’ Medici verbunden, der in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts die Geschicke der damals weltgrößten Bank lenkte. Dieser sah sich mit der Aufgabe jedoch überfordert. Viel lieber widmete er sich den Schönen Künsten. Aus dem Erben einer erfolgreichen Bankdynastie wurde der zeitgeistaffine Übermäzen unter den ohnehin schon kunstliebenden und -fördernden Medici.

Der von ihm geförderte Botticelli und dessen gefeiertes Werk waren emblematisch für das Gefühl dieser Zeit. Botticellis Porträts voller innovativer Kraft und lebensnaher Präsenz waren in der Florentiner Gesellschaft sehr gefragt. Botticelli malte seine Auftraggeber in Dreiviertelansicht statt im reinen Profil und inszenierte sie vor dem Hintergrund enger, streng geometrischer Raumarchitekturen – auch das eine innovative Illusionsstrategie. Botticelli schuf als erster Florentiner eigenständig ausformulierte, oft reduzierte und sehr lebensnahe Porträts bestimmter Persönlichkeiten, namentlich seiner Hauptauftraggeber, der Medici. Dennoch waren es vornehmlich die religiösen Werke, seine Verkündigungsbilder, Marien- und Christusdarstellungen und Heiligenbilder, die Botticellis wirtschaftlichen Erfolg ausmachten.

Einen Höhepunkt seines Schaffens stellt das 172 mal 278 Zentimeter große Bild „Geburt der Venus“ in den Uffizien dar. Es zeigt die völlig unbekleidete Göttin, in einer großen goldenen Muschel stehend. Profan, lebensgroß und sinnlich: Einen nichtbiblisch motivierten Frauenakt in dieser Größe zu malen, galt als kühn und verwegen. Sandro Botticelli ging in die Kunstgeschichte als der erste Maler der Neuzeit ein, der in seinen berühmten Venus-Darstellungen profane Frauenakte weitgehend ohne das Schammäntelchen religiöser oder mythologischer Verbrämung geschaffen hat.

Doch mit dem Tod Lorenzo de’ Medicis 1492 war die Ära seiner künstlerischen Freiheit vorbei. 1494 wurde die einst machtbewusste Familie von den Anhängern des sozialrevolutionären Dominikanermönches und eifernden Bußpredigers Girolamo Savonarola aus der Stadt vertrieben. Unter dem Einfluss Savonarolas wandte sich Botticelli von der Bearbeitung profaner Porträts und erotischer Frauendarstellungen vollkommen ab und beschränkte sich von nun an wieder ganz auf religiöse Motive. Die Zeit seines künstlerischen Aus- und Aufbruchs war vorbei. Einen Teil seiner nichtbiblischen Bilder warf Botticelli höchstselbst in das von Savonarola entzündete „Feuer der Eitelkeiten“. Sandro Botticelli starb am 17. Mai 1510. Begraben wurde er auf dem Friedhof der Kirche Ognisanti in Florenz. Sein Grab wurde später aufgegeben und überbaut. Was heute, außer seinen Bildern und Fresken, noch an ihn erinnert, ist eine schlicht gestaltete Fußbodenplatte im Inneren der Kirche. Sie zeigt das Familienwappen der Filipepi und trägt die Inschrift: Grab des Mariano Filipepi und seiner Söhne, 1510.

Zur Frankfurter Botticelli-Ausstellung hat der Hessische Rundfunk ein interaktives Web-Special unter www.botticelli.hr-online.de eingerichtet.

Buchtipp:
Damian Dombrowski: Botticelli – Ein Florentiner Maler über Gott, die Welt und sich selbst
Wagenbach Verlag, 140 S., 15,90 Euro



18.05.2010

Quelle/Autor:Kunstmarkt.com/Nicole Büsing & Heiko Klaas

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