Trauer um Teresa Burga  |  | Teresa Burga, Autorretrato (left, right), 1972 / 2006 | |
Teresa Burga ist tot. Die peruanische Künstlerin starb am vergangenen Donnerstag mit Mitte 80 in Lima. Sie gehörte als treibende Kraft und Gründerin der Grupo Arte Nuevo an, die Pop Art, Minimalismus, Op-Art und Aktionskunst in ihrem Heimatland zum Durchbruch verhelfen wollte. Mit Zeichnungen, multimedialen Objekten und Installationen verarbeite Burga ihre ethnischen und feministischen Beobachtungen und beeinflusste die gesellschaftlichen Debatten Perus. Darüber hinaus war die Künstlerin dem Diskurs in der Kunstwelt voraus, da sie die postkolonialen Macht- und Gewaltstrukturen vor allen anderen thematisierte und die Dekolonisierung in der Kunst forderte. „Der rote Faden ihres Schaffens ist die starke und mächtige Kraft der Veränderung und die Tatsache, wie viel im Leben vom Glück abhängig ist. Sie richtete den Scheinwerfer auf Hierarchien, bürokratische Apparate und Kategorien, die alle nur konstruiert sind und denen wir uns unterwerfen, und betonte somit die Zufälligkeit des Lebens“, so die Kuratorin Alex Santana, die 2019 für eine Ausstellung eng mit der Künstlerin zusammengearbeitet hatte.
1935 in Iquitos im tropischen Regenwald geboren, studierte Teresa Burga zuerst Architektur, bevor sie 1966 die Grupo Arte Nuevo gründete. Ab 1969 verbrachte sie drei Jahre in Chicago und legte an der School of the Art Institute ihren Master ab. In dieser Zeit hinterließ die Konzeptkunst sichtbare Spuren im Œuvre der Peruanerin. Eine ihrer zentralen Arbeiten ist das „Autorretrato. Estructura. Informe. 9.6.72“, in dem sich Burga mittels wissenschaftlich-medizinischen Kennzahlen selbst beschrieb. So vermaß sie unter anderem ihr Gesicht und stellte ihre Silhouette auf Millimeterpapier dar. Darüber blinkte eine rote Lampe, die das Herz der Künstlerin symbolisierte. Diese komplexe Installation aus Fotografien, Zeichnungen und Kardiogrammen, die ein möglichst exaktes Porträt der Künstlerin liefern sollte, diente ihr auch dazu, den weiblichen Körper zu entmaterialisieren und ihn dem männlich-objektiven Zugriff zu entziehen.
Dennoch stehen ihre vielschichtigen Werke nicht allein mit den Maximen der Konzeptkunst in Verbindung. Teresa Burga interessierte sich für Kommunikationstechnik sowie für Computer- und Informationstechnologien, nahm in jüngeren farbenfrohen Werken Anleihen an der Pop Art und stellte etwa in ihren „Kinderzeichnungen“ die Bedeutung künstlerischer Autorschaft in Frage. Nachdem sie 1971 wieder nach Peru zurückgekehrt war, fiel ihr künstlerischer Output geringer aus, da sie für die autoritäre Regierung von Juan Velasco Alvarado in der Verwaltung arbeiten musste. Die Initialzündung ihrer Wiederentdeckung war Burgas Interview mit den peruanischen Kuratoren Miguel López und Emilio Tarazona. Dies führte 2010 zu einer Einzelpräsentation am Instituto Cultural Peruano Norteamericano in Lima, nachdem ihr dreißig Jahre lang keine Personale gewidmet war. Daran schlossen sich weltweit Ausstellungen an, etwa 2011 im Württembergischen Kunstverein in Stuttgart, 2014 im Palais des Beaux-Arts in Brüssel, 2015 bei der Biennale Venedig und in der Londoner Tate Modern oder 2018 im Migros Museum für Gegenwartskunst in Zürich oder der Kestnergesellschaft in Hannover. |