Markus Raetz gestorben  |  | Markus Raetz, Ohne Titel (OUI-NON), 2000 | |
Am Dienstag ist Markus Raetz im Alter von 78 Jahren gestorben. Das teilte die Galerie Monica de Cardenas mit, die den bedeutenden Schweizer Künstler in den letzten 25 Jahren vertrat. In seinen Arbeiten setzte sich der Maler, Bildhauer und Fotograf mit dem Phänomen der optischen Wahrnehmung auseinander. Seine Werke schuf der vielseitige Künstler aus unterschiedlichen Materialen, wobei nicht das Dargestellte an sich, sondern die Art und Weise der Rezeption im Fokus seiner Kunst lag. Viele seiner Kunstwerke erschließen sich dem Betrachter daher nur, wenn er von selbst mit ihnen in Interaktion tritt. So zeigt etwa sein Gemälde „Ecke“ von 1985 in einem Oval auf weißem Grund das fiktive Zusammenstoßen von Wolken, Wasser und Erde. Die drei verschiedenen Landschaftsbereiche sind dabei so angeordnet, dass sie eine dreidimensionale Ecke eines Rechtecks andeuten. Die ovale Bildfläche verschattet Raetz zudem auf der rechten Bildhälfte, damit beim Umschreiten des Werkes für den Betrachter der Eindruck entsteht, die drei Elemente seien zu einer geometrischen Figur verschmolzen, die sich in den Raum ausbreitet.
Ähnlich geht Markus Raetz bei seiner titellosen Wortskulptur vor, die auf dem Place du Rhône in Genf steht. Je nach Blickwinkel wird aus der Buchstabenfolge „NON“ plötzlich ein „OUI“. Monica de Cardenas betont folglich auch die „immer überraschenden, poetischen Bilder“ in den Werken von Markus Raetz, die zum Intellekt und zum Herzen sprächen. Die Wahrnehmung und die Pluralität der Sichtweisen seien die Leitthemen seines künstlerischen Schaffens. „In den Werken koexistieren die Gegensätze, und nichts ist, wie es auf den ersten Blick erscheint. Die Mehrdeutigkeit der Wahrnehmung wird durch eine ebenso verspielte wie konzeptuelle Analyse der Erscheinungsformen und Materialien erfahrbar gemacht“, so Cardenas weiter.
Markus Raetz wurde am 6. Juni 1941 in Bern geboren und wuchs im nahen Büren an der Aare auf. Von 1957 bis 1961 besuchte er das staatliche Lehrerseminar in Bern, wo er sich zwei Jahre später auch als freischaffender Künstler niederlies. 1969 war er in Harald Szeemanns Furore machender Ausstellung „When Attitudes Become Form“ in der Kunsthalle Bern vertreten. Raetz nahm an der Documenta 4, 5 sowie 7 in Kassel teil. 1988 war sein Schaffen im Schweizer Pavillon auf der 43. Biennale von Venedig zu sehen, außerdem in zahlreichen Ausstellungen rund um den Globus. Für sein umfangreiches Lebenswerk wurde der Schweizer sowohl mit dem Gerhard-Altenbourg-Preis, als auch mit dem Prix Meret Oppenheim ausgezeichnet. 2014 widmete ihm das Kunstmuseum Bern eine umfangreiche Retrospektive seiner Skulpturen und Grafiken, 2016 das Museo d’arte della Svizzera italiana in Lugano eine weitere Personale. |