Brigitte Kowanz erleuchtet Zürich Unter dem Titel „Lost under the Surface“ präsentiert das Züricher Museum Haus Konstruktiv seit dem Wochenende Werke von Brigitte Kowanz. Kuratorin Sabine Schaschl zeigt in dieser umfangreichen Retrospektive, wie die 1957 geborene österreichische Künstlerin das Medium Licht als eigenständiges Phänomen und als Informationsträger erfahrbar macht. Eines wird an den Objekten, Installationen und Rauminterventionen, die Kowanz seit gut vierzig Jahren unter Verwendung unterschiedlicher Leuchtmittel fertigt, deutlich: Licht ist nicht gleich Licht. Neben frühen Arbeiten, in denen Kowanz insbesondere Prozesse des Beleuchtens thematisiert, formulieren zahlreiche Werke aus den Folgejahren beispielsweise mit Neonschlaufen gesellschaftspolitische und kulturtheoretische Botschaften. Insgesamt stellt die Soloschau grundsätzliche Gewissheiten infrage: Mit der Eindeutigkeit von Information ist es weniger weit her, als wir uns das vielfach wünschen – eine Botschaft, die in unseren angeblich „postfaktischen Zeiten“ deutlichen Widerhall findet.
Zur Verwendung von Licht als künstlerischem Medium fand Brigitte Kowanz unter anderem durch die kritische Auseinandersetzung mit dem konventionellen Bild- und Malereibegriff. Mit dem Ziel, diesen zu überschreiten, begann die Künstlerin um 1980 nach Abschluss ihres Studiums an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, mit transparenten Bildträgern und selbstleuchtenden Pigmenten zu experimentieren. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Franz Graf bemalte sie Leinwände und Papiere beidseitig mit phosphoreszierender und fluoreszierender Farbe. Frei in den Raum gehängt und mit Tages- oder Schwarzlicht beleuchtet, entfalten sie changierende Szenarien, die die Stabilität und Hermetik konventionell gemalter Bilder aufbrechen und ein integratives Verhältnis von Werk, Raum und Betrachter schaffen.
Brigitte Kowanz, die seit 1997 die Professur für Transmediale Kunst an ihrer alten Universität innehat, bezieht sich in ihrem Schaffen zudem immer wieder auf die Aspekte Sprache und Kodierung. Der Code, der in ihrer künstlerischen Praxis am häufigsten zur Verwendung kommt, ist der Morsecode. Die vielfach ausgezeichnete Künstlerin verwendet ihn unter anderem für Anspielungen auf wichtige technikhistorische Ereignisse wie in der Arbeit „www 12.03.1989 06.08.1991“. Die durch abgedunkelte Abschnitte der Neonröhre gebildeten Morsezeichen benennen zwei entscheidende Daten in der Geschichte des Internets: die Vorstellung des Konzepts für das World Wide Web im CERN und den Tag, an dem es der Öffentlichkeit verfügbar gemacht wurde. Ursprünglich für den österreichischen Pavillon auf der 57. Biennale von Venedig entwickelt, wird das Werk – eine geschlungene, zwischen halbtransparenten Spiegeln eingefasste Neonschlaufe mit Morsezeichen – in Zürich in reduzierter Form präsentiert.
Die Ausstellung „Brigitte Kowanz. Lost under the Surface“ läuft bis zum 10. Mai. Das Museum Haus Konstruktiv hat täglich außer montags von 11 bis 17 Uhr, mittwochs zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt am 20. April sowie am 1. Mai. Der Eintritt beträgt 16 Franken, ermäßigt 12 Franken, bis 18 Jahre und für Mitglieder ist er frei.
Museum Haus Konstruktiv – Stiftung für konstruktive und konkrete Kunst
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