Dortmund schwelgt im Jugendstil  |  | Maximilian Lenz, Kabinettschrank, Wien um 1907 | |
Technisierung, Industrialisierung, soziale Spannungen und ein ungeheures Wachstum der Städte kennzeichneten die Jahre um 1900. Orientiert an England, wo die Industrialisierung früher schon begann, etablierte sich auch bei in Deutschland eine Hinwendung zur Natur, Natürlichkeit und Einfachheit. Beseelt von einer Gestaltung aller Lebensbereiche durch die Kunst hielt der Jugendstil Einzug. Quasi als Vorhut des Bauhauses bietet das Dortmunder Museum für Kunst und Kulturgeschichte anlässlich eines Dreifachjubiläums nun eine Einstimmung auf das Bauhaus-Jahr unter dem Titel „Rausch der Schönheit. Die Kunst des Jugendstils“. Vor 135 Jahren wurde das Haus als „Museum für Kunst und Gewerbe“ gegründet, vor 110 Jahren die Museumsgesellschaft und vor 20 Jahren die Museumsstiftung. Das wird nun in der umfangreichen Ausstellung mit über 500 Jugendstil-Stücken gefeiert, die wesentliche Entwicklungsstränge der Epoche vor Augen führen.
Einleitend in die reiche Auswahl an Gläsern, Raumausstattungen, Textilien, Kunstverglasungen, Tischwaren, Bildern, Fliesen oder Zinngegenständen rückt die Pariser Weltausstellung von 1900 als Höhepunkt des Jugendstils in den Blick. Hier legte der Museumsdirektor Albert Baum mit zahlreichen Erwerbungen den Grundstock für den Fundus an Objekten. Sie dienten auch als Vorbild bei der Ausbildung von Handwerkern. In diesem Gefüge wird das universelle Schaffen vieler Künstler auf etlichen Gebieten deutlich. Der als Glaskünstler bekannte Emile Gallé entwarf gleichfalls Keramiken und Möbel. In Darmstadt, einem Zentrum des Jugendstils, schufen Joseph Maria Olbrich oder Wilhelm Thiele Raumkunstwerke für das Haus Glückert. Der nicht minder elegante Wiener Jugendstil zeichnet sich durch klare Linien und kostbare Materialien aus. In der 1903 gegründeten Wiener Werkstätte wurden Handwerk und Entwurf vereint.
Viele Stücke von Peter Behrens verweisen auf dessen umfassende Produktgestaltung für die AEG. Möbel von Richard Riemerschmid entstammen aus seinem Maschinenmöbelprogramm. Flächige elementare Formen erlaubten den Einsatz von Maschinen zur seriellen Produktion, um über günstigere Preise breitere Käuferschichten zu erreichen. Zum Schluss spannt die Ausstellung den Bogen ins Geschehen der um 1900 rund 140.00 Einwohner starken, vom Bergbau, der Stahlindustrie und dem Brauereiwesen geprägten Stadt Dortmund. Das 1904 eröffnete, von Martin Dülfer entworfene Stadttheater, die Maschinenhalle der Zeche Zollern II/IV oder neue Warenhäuser setzten nachhaltige Jugendstil-Akzente im von Hochöfen geprägten Stadtbild. Frank Lloyd Wrights Stahlschreibtisch mit integriertem Stuhl für das Verwaltungsgebäude der Larkin Company in Buffalo verweist augenfällig auf die vom Bauhaus wieder aufgegriffene Vereinigung von Kunst und Technik.
Die Ausstellung „Rausch der Schönheit. Die Kunst des Jugendstils“ ist bis zum 23. Juni zu sehen. Das Museum für Kunst und Kulturgeschichte hat täglich außer montags von 10 bis 17 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr und samstags erst ab 12 Uhr geöffnet. Der Eintritt beträgt 6 Euro, ermäßigt 4 Euro. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren ist er kostenlos. Der Ausstellungskatalog kostet im Museum 39 Euro.
Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund
Hansastraße 3
D-44137 Dortmund
Telefon: +49 (0)231 – 50 255 22
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