Nürnberg zeigt das Interieur in der Gegenwartskunst Die Kunsthalle Nürnberg wendet sich in der Ausstellung „Homebase“ dem Thema des Interieurs in der heutigen Kunst zu. Internationale Künstler der Gegenwart setzen sich vermehrt mit dem traditionsreichen Sujet des Wohnraums auseinander. Das Spektrum umfasst unterschiedliche Interpretationen des Themas unter anderem in Arbeiten von Laurenz Berges, Patricia Lambertus, Marjetica Potrc, Susa Templin und Claudia Wieser. Aktuell scheint es, als pendle der Mensch zwischen der Sehnsucht nach Freiheit und Mobilität sowie dem Wunsch nach Geborgenheit und einem vertrauten Rückzugsort. Vor dem Hintergrund einer verstärkten Vernetzung wird das Private immer wichtiger. Das Zuhause ist zum Mittelpunkt des sozialen Lebens geworden, und Beruf, Kommunikation und Konsum sind heute möglich, ohne das private Heim verlassen zu müssen. Doch wie wird dies künftig aussehen, wenn es zwischen Privatsphäre und Öffentlichkeit, zwischen Arbeit und Freizeit kaum mehr objektive Unterscheidungskriterien gibt?
Franz Burkhardts „Atelier à vendre“ von 2014 verwehrt durch die auf das Glas aufgetragene weiße Farbe den voyeuristischen Blick in den Werkraum eines Künstlers. Stattdessen verweist eine Telefonnummer mit belgischer Vorwahl auf den Mittelsmann. Auf den Außenwänden aber sind Plakate weiblicher Akte angebracht, die die voyeuristische Frage aufwerfen, ob sie wohl in diesem verschlossenen Atelier hergestellt wurden. Hier mag also das Paradox eines verschlossenen Interieurs eine Reflexion auf den Alltag eines Künstlers sein. Kulturelle Aspekte des Heims bietet etwa Zilla Leuteneggers „Au clair de la lune“ von 2015. In Anlehnung an das französische Kinderlied schimmert auf dem asiatischen Paravent ein runder Lichtkreis, der zunächst als Mond wirkt. In der Tat handelt es sich jedoch um einen Lichteffekt. Löst sich der Betrachter von der geografischen Zuordnung der Elemente, könnte dieses Interieur auch als eine Metapher für die psychische Innenwelt der Bewohner stehen. Gehört das Ensemble Romantikern und Asienfreunden oder ist es nur ein Designvorschlag, der aus einem Magazin übernommen wurde?
Einrichtungsvorschläge und -elemente bieten boomende Möbelmessen, überfüllte Einrichtungshäuser sowie bunte Fernsehformate. Es gibt eine Renaissance des Wohnens, das Interieur ist ein Thema von anthropologischer Tragweite und ein aktuelles Zeitphänomen. Dazu bietet Jörg Sasses „W-92-01-01, Düsseldorf“ von 1992 einen nüchternen Ausgleich in seiner geometrischen Kühle. Kleine azurblaue Mosaikkacheln überziehen eine Wand, und neben dem gleißenden Weiß des Waschbeckens bricht nur das weiße metallene Raster des Belüftungsloches die blaue Wand.
Die Ausstellung „Homebase. Das Interieur in der Gegenwartskunst“ läuft bis zum 21. Februar 2016 zu sehen. Die Kunsthalle Nürnberg hat täglich außer montags von 10 bis 18 Uhr, mittwochs zusätzlich bis 20 Uhr geöffnet. Geschlossen bleibt an Heiligabend, 1. Weihnachtstag, Silvester und Neujahr. Der Eintritt beträgt 5 Euro, ermäßigt 2,50 Euro. Begleitend zur Schau erscheint ein Katalog.
Kunsthalle Nürnberg
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