 |  | Keith Haring, Untiteled, 20.9.1982 | |
Die krabbelnden Babys, die Figuren mit dem Loch im Bauch und die bellenden Hunde bevölkern auf Tassen, Postern und T-Shirts weltweit Kinderzimmer, Küchen und Büros. Die Masse an Haring-Produkten hat System: Keith Haring selbst eröffnete 1986 seinen ersten „Pop-Shop“ in New York, um solche Gegenstände zu vertreiben. Es folgten weitere. Der Künstler betrachtete diese Form der Verbreitung als Teil seines Konzeptes, das nicht zuletzt durch den Pop-Art-Künstler Andy Warhol geprägt war. Kunst sollte für alle da sein und nicht nur in dafür reservierten Räumen gezeigt werden. Aus diesem Grund gestaltete er auch U-Bahnstationen, Bauzäune und Skulpturen für öffentliche Plätze und bemalte Amphoren und Geschirr.
Harings Bilder arbeiten mit der Formensprache des Graffitis, das zu Beginn der achtziger Jahre als Sprachrohr der Subkulturen aufkam. Einfache Bilder mit hohem Wiedererkennungswert sind das Ergebnis. Als echter Graffitikünstler sorgte er für Allgegenwärtigkeit im Straßenbild und bemalte konsequent Häuserwände und U-Bahnen, 1986 sogar die Berliner Mauer. Wie Warhol zuvor die trivialen Elemente der Werbung kunstwürdig gemacht hatte, verwandelte Haring nun das Graffiti in ein akzeptiertes Kunstmedium und reflektierte damit die darin implizierte Forderung nach Zugang zur Konsumwelt für die Randgruppen. Diese Art der Bildsprache ist längst salonfähig geworden und sorgt mit für die ungebrochene Aktualität der Bilder von Haring. Die kantigen und bunten Figuren begeistern schon Kinder und finden ihren Platz in gestylten Wohnzimmern.
Die Arbeiten werden als Reproduktionen in zahlreichen Postershops verkauft und kosten dann um die 100 Mark. Doch auch die Originaldrucke, die sich oft nur unmerklich durch das Format von den Massenproduktionen unterscheiden, werden rege gehandelt. Zwar ist die kurze Hausse vorüber, die die Werke Harings nach seinem frühen Aidstod im Jahr 1990 erlebten: Die Preise haben sich längst wieder um fünfzig Prozent nach unten korrigiert, bleiben durch ein geschicktes Management des als Nachlassverwalter eingesetzten Stargaleristen Tony Shafrazi aber einigermaßen stabil. Der New Yorker Kunsthändler hatte den jungen Haring entdeckt und besorgte 1982 die erste wichtige Einzelausstellung. Der Künstler hatte zuvor selber Ausstellungen organisiert und kuratiert und sich jenseits des Kunstmarktes bewegt. Shafrazi vermittelte ihn an einflussreiche Kollegen ins Ausland, so dass er 1984 bei Paul Maenz in Köln ausstellen konnte, 1986 bei Daniel Templeton in Paris und 1988 bei Hans Mayer in Düsseldorf. Eine weitere wichtige Ausstellung hatte Haring 1984 bei Leo Castelli in New York. Seinem ersten Galeristen hat er ein Bild gewidmet: Es trägt den Titel „Tony Shafrazi Gallery“ und zeigt eine Figur, die von anderen emporgehoben wird.
Als Keith Haring starb, war er einer der bekanntesten Künstler seiner Generation. Dazu hatten Aufsehen erregende Aktionen beigetragen. Für den Fotografen Robert Mapplethorpe hatte er 1984 die Pop-Schönheit Grace Jones bemalt. Auch sein Engagement für die Aids-Hilfe blieb nicht unbemerkt. Manche Arbeiten hatte er in Zusammenarbeit mit anderen ausgeführt, darunter Jenny Holzer und LA II. 1982 nahm er bereits an der documenta in Kassel teil und wurde durch zahlreiche Publikationen populär. Auch die Museen kauften seine Arbeiten. Eine Einzelausstellung hatte er 1985 im Museum für zeitgenössische Kunst in Bordeaux, eine weitere 1986 im Stedelijk Museum Amsterdam.
Elf Jahre nach seinem Tod werden seine Arbeiten regelmäßig in Ausstellungen gezeigt. Das Ludwig-Forum in Aachen besorgte beispielsweise im Herbst 2000 eine umfangreiche Retrospektive des Œuvres. Die Stadt Rom stellte im Februar diesen Jahres acht der großen Stahlskulpturen auf Plätzen in der Innenstadt aus, eine Aktion, die sicherlich im Sinne des Künstlers gewesen wäre.
Auf den internationalen Auktionen im letzten halben Jahr erwiesen sich die Arbeiten von Haring als zuverlässig und reüssierten regelmäßig im angestrebten Preisrahmen. Das teuerste Bild, das jemals auf einer Auktion gehandelt wurde, war das “Black Painting”, ein Ölgemälde im Format 350 x 550 cm, das bei Catherine Charbonneaux in Paris kurz vor dem Tod des Künstlers im Dezember 1989 für 1.800.000 Francs (300.000 US $) den Besitzer wechselte.
Den zweiten Platz in dieser Hitliste belegt jedoch ein Bild, das bei Christie’s in New York im November 2000 gehandelt wurde. Es ist mit 305 x 305 cm ein wenig kleiner als das eben genannte und erbrachte 210.000 Dollar. Diese Verteilung ist beispielhaft: alle wirklich teuren Verkäufe geschahen entweder gleich zu Beginn der 90er Jahre oder in den letzten beiden Jahren. Daran lässt sich zumindest eine beständiges Interesse an den Arbeiten von Keith Haring ablesen, deren Menge zudem ja begrenzt ist.
Grafiken und Drucke wurden im letzten Jahr zwischen 2.000 und 5.000 Dollar gehandelt. Den höchsten Preis in dieser Kategorie erzielte im April 2000 bei Butterfields in San Francisco der Druck mit der Zeichnung eines Hundes aus dem Jahr 1986 im Format 128 x 92 cm, der in einer Auflage von 10 erschienen ist. Ein Fan kaufte ihn für 19.000 Dollar. Für eine Zeichnung kann man mit 10.000 bis 30.000 Dollar rechnen, die teuerste Zeichnung trägt den Titel „Animals“ und wurde 1990 bei Cornette de St. Cyr in Paris für 480.000 Francs (86.400 US $) ersteigert. Noch im November 2000 wechselte bei Christie’s in New York eine unbetitelte Zeichnung für 65.000 Dollar den Besitzer.
Eine große Skulptur, die eine Szene mit den berühmten Strichmännchen zeigt, hält den Rekord in dieser Sparte. „Untitled – head through belly“ kostete bei Christie’s in New York im Mai letzten Jahres 90.000 Dollar - was nur die Untergrenze des Schätzpreises war. Einen Tag später erzielte ein Set Kindermöbel ebenfalls in New York, aber bei Sotheby’s auch 90.000 Dollar, hier war die Taxe nur bei 10.000 bis 15.000 Dollar angesetzt gewesen. Eine der berühmten Amphoren konnte 1992 bei Christie’s in New York 55.000 Dollar einbringen. Kleinere Skulpturen und Multiples bekommt man auch schon für unter 20.000 Dollar.
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