Belvedere erinnert an die Kunstschau 1908  |  | Berthold Löffler, Kunstschau Wien 1908, 1908 | |
Es muss schon ein großartiges Zusammentreffen gewesen. 1908 feierte Wien das 60jährige Thronjubiläum Kaiser Franz Joseph I. Zum kaiserlichen Festzug waren die Secession-Künstler nicht geladen, sie erhielten aber die Möglichkeit, den vorübergehend brachliegenden Baugrund am Schwarzenbergplatz als Ausstellungsfläche zu nutzen. So errichteten und gestalteten unter anderen Josef Hoffmann, Gustav Klimt, Otto Prutscher und Koloman Moser innerhalb weniger Monate Holzbauten mit 54 Ausstellungsräumen, Gartenanlagen und Innenhöfen, einen kleinen Friedhof, ein Kaffeehaus und ein Sommertheater sowie ein zweigeschossiges, vollständig eingerichtetes Landhaus. Die „Kunstschau 1908“ präsentierte Malerei, Skulptur, Grafik, Kunstgewerbe und Theaterdekoration auf dem rund 6.500 Quadratmeter großen Ausstellungsgelände. 176 Künstlern – darunter Carl Moll, Franz Kupka, Max Oppenheimer, Adolf Hölzel, Wilhelm List, Leopold Blauensteiner, Maximilian Kurzweil, Broncia Koller-Pinell, Elena Luksch-Makowsky oder heute in Vergessenheit geratene, wie der Bildhauer Franz Metzner, füllten die Außen- und Innenräume, Wände und Vitrinen und inszenierten die Kunstschau als Gesamtkunstwerk.
Mehrere Ausstellungsräume widmete Klimt den ganz jungen Künstlern, darunter vielen Schülern der Wiener Kunstgewerbeschule. Die Jungen waren es dann auch, die mit zum Teil herausragenden avantgardistischen Ideen und Werken für Furore sorgten. Für einige, etwa für den damals 21jährigen Oskar Kokoschka, bildete diese Ausstellung gar den Grundstein für eine spätere Karriere. Der Kunsthistoriker Werner Hofmann sah im Zusammenwirken von Kaiserjubiläumshuldigungsfestzug und „Kunstschau“ einen „Umriß der offiziellen Kunst- und Geistesgeschichte der Monarchie“. Während der Festzug die lange Tradition und die nationale Vielfalt der Habsburgermonarchie in Szene setzte, erklärte Gustav Klimt in seiner Eröffnungsrede die Kunstschau zur „Kräfterevue österreichischen Kunststrebens“, zusammengestellt von Künstlern, die „keine Genossenschaft, keine Vereinigung, kein Bund“ waren, sondern sich „in zwangloser Form eigens zum Zweck dieser Ausstellung zusammengefunden“ hatten. Klimt sprach von der Überwindung des Unterschieds zwischen bildender und angewandter Kunst und feierte zugleich die „Einheit der Schaffenden und Genießenden“.
Den 100sten Jahrestag nimmt nun das Belvedere zum Anlass, die „Kunstschau 1908“ zu rekonstruieren. Seit gestern zeigt das Wiener Museum einen Teil der damaligen Exponate, präsentiert ergänzende Werke der damals vertretenen Künstler, dokumentarische Fotografien und Originalpläne. Das ursprüngliche Raumerlebnis vermitteln drei vollständig rekonstruierte Säle: der „Raum 50“ mit Werken der führenden Mitglieder der Wiener Werkstätte, der „Raum 10“ mit über 100 reproduzierten, direkt an die Wand geklebten Plakaten sowie der von Koloman Moser gestaltete „Raum 22“ mit Hauptwerken von Gustav Klimt. Klimt präsentierte unter anderem „Fritza Riedler“ (1906), „Adele Bloch-Bauer I“ (1907), „Die drei Lebensalter“ (1905), „Danae“ (1907/08) und sein bekanntestes Werk „Der Kuss“ (1908), das noch während der Laufzeit der Ausstellung für die Sammlung des heutigen Belvedere angekauft wurde.
Die Ausstellung „Gustav Klimt und die Kunstschau 1908“ ist bis zum 18. Januar 2009 im Unteren Belvedere zu sehen. Geöffnet ist täglich von 10 bis 18 Uhr, mittwochs zusätzlich bis 21 Uhr. Der Eintritt beträgt 9,50 Euro. Der Katalog kostet im Museum 38 Euro.
Österreichische Galerie Belvedere – Unteres Belvedere
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