In Wien amüsiert man sich zu Fasching traditionell nicht im Freien, sondern im Ballsaal. Auch in dieser Saison finden wieder mehr als 400 Feste statt – als Schauplätze für alltagsferne Selbstinszenierung. „Just in time“ gibt es derzeit auch eine Reihe von Ausstellungen und Veranstaltungen, die eine Vorstellung davon geben, auf welch vielfältige Weise Künstlerinnen und Künstler das „Andere Ich“ zum Gegenstand ästhetischer Selbstanalyse machen. Eine kleine Auswahl bietet folgender Überblick.  
Das Kunstforum der Bank Austria präsentiert eine retrospektiv angelegte Schau mit Arbeiten der 2003 jung verstorbenen österreichischen Künstlerin Birgit Jürgenssen. Rund 250 Werke, darunter Zeichnungen, fotografische Inszenierungen, Druckgrafiken und skurrile Schuhobjekte, belegen, wie sehr Ironie, Sprachspiele und vor allem die Lust an der Verwandlung ihr Œuvre begleiten. Birgit Jürgenssen gehörte zu jenen Künstlerinnnen, die Ende der 1960er Jahren damit begannen, die Erscheinungsformen des Persönlichen, des Individuellen auf den jeweiligen Rahmen kultureller Bestimmungen zu überprüfen und die gesellschaftlichen Dogmen und kulturellen Konstruktionen von Weiblichkeit zu hinterfragen. Erstaunlich ist, wie früh sich Jürgenssen Methoden zu Eigen machte, die heutzutage postfeministischer Praxis zugeordnet werden. Die theatralischen Maskeraden und Rollenspiele, die sie zeichnete und mittels selbstauslösender Kamera dokumentierte, bleiben als Themen bestimmend für ihr gesamtes späteres Werk: Jürgenssen schmückt, maskiert und staffiert ihren Körper aus. ...mehr  |